2024-12-24 Blogpost #030 Felix
Der Elektrik erster Teil
Nach 40 Jahren war es an der Zeit die Elektrik des Bootes komplett zu überholen und auf den Stand der Technik zu bringen. Im ersten Teil geht es in erster Linie darum wie der Strom an Bord kommt und unsere 230V und 48V Stromkreise.

Während des Refits haben wir sämtliche Elektrik und Kabel aus dem Boot gerissen muss man sagen. Einige Kabel waren verklebt oder verschraubt und teilweise in sehr schlechtem Zustand. Die Salzhaltige Seeluft greift mit der Zeit das Kupfer an, dieses korrodiert und färbt sich schwarz. Das wiederum erhöht den elektrischen Widerstand, was dann im besten Fall nur zu Funktionsstörung führt, im schlechtesten Fall aber auch Kabelbrände auslösen kann. Die Kabel waren großteils ohne Aderendhülsen in Lüsterklemmen verschraubt, was nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entspricht. Also machten wir klar Schiff und starteten bei 0.
Die Planung erfolgte bei uns ausgehend vom Hauptverbraucher, dem E-Antrieb und den Speichern. Wie wir unseren Technikraum überholt haben lest ihr hier und wieso, weshalb, warum wir einen E-Antrieb haben, haben wir hier bereits beschrieben. Das Ziel war es, möglichst kurze Kabelstrecken im Boot zu haben, das spart Geld, Gewicht, Nerven und ist auch aus technischer Sicht erstrebenswert, um Leitungsverluste zu minimieren.
Eine erste Änderung zum bisherigen Konzept war insofern das wir die Stromübernahme vom salzigen, feuchten Ankerkasten nach Achtern in eines der Schwalbennester verlegten. Eine weitere Neuerung war die Isolation des Bordnetzes vom Landstrom mittels eines Trenntransformators. Man kann sich das so vorstellen, dass der Landstrom hier aufhört und neuer Strom für das Bordnetz erzeugt wird, dazwischen besteht keine leitende Verbindung. Das ist wichtig um galvanische Korrosion unedler Materialien in einem Elektrolyt (Salzwasser) zu verhindern. Da das Boot so auch nicht über die Landverbidnung geerdet wird muss hier mit Fi Schaltern und Sicherungen gearbeitet werden. Daher folgt nach dem Trenntransformator als erstes ein Leitungs und Fehlerstromschutzschalter, bevor der Strom an das Phönix 12V Ladegerät und den Multiplus II Inverter/Charger weitergeleitet wird. Wenn wir vorerst beim Wechselstrom bleiben kommt dieser aus dem Wechselrichter wiederraus und wird über einen weiteren Sicherungskasten mit FI Schaltern an die 3 Steckdosen im Boot verteilt. Eine Steckdose befindet sich dabei in der Küche und zwei weitere am Navitisch. Grundsätzlich stehen ca 3000 Watt zur Verfügung. Wenn wir am Landstrom angeschlossen sind, wird die Energie durch den Wechselrichter „durchgereicht“, reicht die Leistung vom Land nicht aus liefert die Powerassistfunktion die fehlende Energie aus den 48V Akkus dazu und ist kein Landstrom verfügbar liefern die 48V Akkus nach Bedarf auch die vollen 3000 Watt. Über ein Multicontrolpanel kann der gezogene Landstrom begrenzt werden falls die Steckdosen am Steg nicht ausreichend abgesichert sind. Alle 230V Kreise wurden mit 3x 2,5mm² verzinnter Kupferlitze im gelben PVC Mantel verkabelt. Im Falle von Schraubklemmen wurden Aderendhülsen verwendet, bei Federklemmen (Wago) nicht. Alle Klemmverbindungen sind zudem in Verteilerdosen mit IP55 Schutz erfolgt.

Deutlich kräftiger Kabeldurchmesser kamen für die Gleichstrom Ladetechnik zum Einsatz. Grundsätzlich erfolgt die Hauptverteilung dabei über kräftige Busbars mit M8 Schraupterminals, die über eine massive Kupferplatte verbunden sind. Während für die 12V Ladetechnick noch 16 mm² Kabel ausreichend waren, wurden die 48 V Akkubänke über 70 mm² dicke ultraflexible Kabel sowohl untereinander als auch bis zu den Hauptschaltern und der Busbar verbunden. Die Akku- und Motorhauptschalter sind für Ströme bis 600 Ampere ausgelegt, alle übrigen Hauptschalter im Schiff für Ströme bis 250 Ampere. Dementsprechend kamen auch diverse Kabelschuhe für Verschraubungen bis zu M12 zum Einsatz. Um derartige Verbindungen herzustellen müssen die Kabel abisoliert werden, dann schiebt man ein Stück Schrumpfschlauch mit innenkleber über das Kabel, setzt den Kabelschuh auf die nun freien Litzen (übrigens auch alles verzinnte Kupferlitze) verpresst das ganze mit einer Hydraulischen Presse mit bis zu 6 t um dann den Schrumpfschlauch über die Verbindung zu schieben und sie mit Hitze gasdicht abzuschließen.
Technisch gesehen ist das eigentlich alles sehr einfach, in der Praxis gestaltet sich das schwieriger. Die Kabel sollen möglichst unsichtbar verlegt werden, daher findet man sich ständig in die winzigsten Löcher krabbeln, verrenkt sich die Finger und alles dauert ewig lang. Dafür hat man verglichen mit anderen Bootsprojekten relativ schnell erfolgreiche Erlebnisse.
Der Motor bzw. die Steuereinheit des Motors und der Inverter sind über 50 mm² verzinnte Kupflitzen mit den Busbars verbunden. Generell sind hier die Kabellängen Quasi nie länger als ein Meter, sodass der Spannungsabfall wirklich minimal ist.
Von der Steuereinheit des Motors geht ein Kabel zum Schalthebel im Cockpit, und die entsprechenden Kabel zum Motor selbst.
Da wir bei unseren ersten Tests des ganzen Systems schon ein paar kleinere Schwachstellen identifizieren konnten haben wir inzwischen schon die erste Nachrüstung installiert. Inzwischen sind tatsächlich 3 Antriebsakkus verbaut. Dazu haben wir diese um 90° im Uhrzeigersinn gedreht und ein weiteres kleines Podest an den Rumpflaminiert. Zusätzlich haben wir einen Smartshunt verbaut mit entsprechendem Display im Cockpit. Die Nachrüstung eines weiteren Akkus hat abgesehen von der Verstärkung im Rumpf nur einen Tag gedauert, da die Kabel der Akkus mit speziellen Steckverbindern und der Motor nur über 4 Schrauben gehalten wird. auch im Reparaturfall können alle Komponenten unseres Systems relativ einfach ausgetauscht werden.

Wenn wir keinen Landstrom haben können wir mit (bislang) 4x 100 Watt Solarpanels die 48 V Akkus mittels eines Smart Solar MPPT Ladereglers laden. Eines dieser Panel befindet sich permanent auf der Sprayhood, die übrigen 3 Panels kann man entweder auf Backbord oder Steuerbord, je nach Sonneneinfall ausrichten. Da pro Seite ein eigener Solarladeregler verbaut ist, könnte man später bei Bedarf nochmals um 3 weitere Solarpanele aufstocken, aber natürlich muss man das auch irgendwo lagern, wenn die Panels nicht benötigt werden, insofern werden wir erstmal sehen wie weit wir damit kommen.
Um auch unsere 12V verbraucher bei Bedarf aus den 48V Akkus zu betreiben bzw. die 12V Akkus zu Laden wenn die 48V Akkus voll sind, haben wir einen DC-DC Orion Charger mit eingebaut, mit dem man mit 20A die 12V Akkus laden kann.
In unseren bisherigen Tests konnten wir schon einige Grenzen unseres Systems austesten.
Was toll funktioniert ist die unabhängige Verfügbarkeit von 230V Strom. Wir können am Ankerplatz mit Induktion kochen und gleichzeitig kann der Heizlüfter mit 50% Leistung laufen. Auch einen richtigen Staubsauger betrieben zu können ist gold wert.
Die Antriebstechnik ist inzischen relativ robust. Selbst wenn ein Akku ausfällt kann man mit zwei Akkus immernoch Vollgas fahren ohne das irgendwas überlastet wird. Die Kapazität von 15 kWh 48V reicht um 10h mit 3 kn zu motoren und dann noch 20% Kapazität zum anlegen zu haben und das mit kräftigem Bewuchs am Unterwasserschiff. Letzteres ist auf einem Schiff mit Dieselmotor eher ärgerlich da es den Verbrauch erhöht, bei uns aber relevant für die Reichweite unter Motor. Aus diesem Grund werden wir uns für den Notfall bei längeren Schlägen und Reisen einen Benzingenerator mitnehmen und ihn hoffentlich nie benutzen.
Aber kommen wir nochmals zur Elektrik zurück. Hier haben wir quasi nur „blaue“ Ware verwendet, also alle Komponenten von einem Hersteller die wir somit alle praktisch in der App des Herstellers überwachen und steuern können.
Bei der Planung unseres ganzen Systems wurden wir vom GS-Power Team unterstützt die auch Entwickler der 48V Akkus sind. Zum Zeitpunkt der Planung waren die Akkus von GS-Power die ersten und einzigen speziell auf Bootsantriebe ausgerichteten 48V Antriebsakkus. Insofern haben wir auch all unsere Komponenten über GS-Power bezogen und somit eine stimmige Lösung aus einer Hand. Tatsächlich wäre ich auch selbst in der Lage gewesen das System so aufzubauen, allerdings bin ich sehr dankbar, meine Ideen mit einem Fachkundigen Partner diskutieren zu können, der vor Allem auch weis welche Lösungen am Markt überhaupt verfügbar sind und die einzelnen Komponenten schonmal verbaut und getestet hat. Schön ist auch, dass wir die Wahl hatten trotzdem alles selbst zu verbauen und nur die Abnahme und die Einstellungen gemeinsam durchzuführen, wodurch wir bei unserem Refit natürlich viele Kosten einseinsparen konnten. Weiter haben wir nun im Fehlerfall nur einen Ansprechpartner, abgesehen davon dass wir das System natürlich durch den eigenen Einbau auch in- und auswendig kennen.
Da unser Boot zumindest bezogen auf die Antriebsakkus und die komplett Umrüstung sicherlich eines der Ersten ist, wird es auch irgendwann ein kleines Interview auf der Seite von GS-Power zu unserem Boot geben.
Der 12V Teil unseres Bordnetztes und alle Komponenten nach dem Schaltpanel haben wir dann komplett selbst ausgelegt, dazu lest ihr im zweiten Teil zur Elektrik.
Ansonsten wünschen wir mit verweis auf das Erscheinungsdatums dieses Blogpostes allen Lesern frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2025!
Wenn Euch dieser Blogeintrag gefallen hat, ihr Anregungen oder Fragen habt, schickt uns gern eine Mail an die unten stehen Adresse. Wir freuen uns auf Eure Kommentare.