2025-07-26 Blogpost #047 Felix & Jassy

Abenteuer Schweden

Von Skagen fahren wir in den Norden Westschwedens. Unser Ziel ist Käringön (41 sm), wo wir einen Liegeplatz reserviert haben. Anschließend wollen wir endlich ankern und die Bojen des SXK in den Schären nutzen, um Härmanö zu erkunden.

Während die letzten Blogposts überwiegend von Jassy kamen, darf nun ich (Felix) mal wieder einen verfassen. Dank unserer Liegeplatzreservierung in Schweden haben wir es in Skagen morgens nicht ganz so eilig, starten aber trotzdem bereits um 7.30 Uhr. Ich habe bereits im Hafen alles soweit es geht vorbereitet und endlich klappt es, dass wir bereits im Vorhafen unsere Segel setzen und die Maschine bereits in der Hafenausfahrt aus ist. Dieses Mal lassen wir die meisten großen Schiffe an unserer Steuerbordseite und fahren Kurs Ost-Nord-Ost bis zum TSS Skagen, einem Verkehrstrennungsgebiet. Hier ist für große Schiffe die Fahrtrichtung wie auf einer Straße geregelt und man darf es nur im 90° Winkel kreuzen. Aus der Nordsee kommen kaum Schiffe, von der Ostsee allerdings ist viel Verkehr, den wir auf unserem AIS (Automatic Identification System) verfolgen. Mit einem Frachter haben wir Kollisionskurs und werden von diesem auch angefunkt. Wir ändern unseren Kurs deutlich nach Süden und passieren den Frachter am Heck. Da der Wind für uns heute nicht ideal ist, verzögert sich unsere Ankunft dadurch um mindestens 30 min. Nachdem das Verkehrstrennungsgebiet hinter uns liegt, ändert sich auch die Wasserfarbe und die Wellenrichtung und wir haben das Kattegat (Ostsee) verlassen und befinden uns nun im Skagerak (Nordsee). Bis auf einige Fischerbojen und Stellnetze vor Schweden verläuft die weitere Fahrt unspektakulär. Bei der Ankunft in Kärigön sehen wir, dass wir nicht reservieren hätten brauchen, aber der reservierte Spot natürlich an einer engen Stelle mit Seitenwind liegt. Egal, wir bereiten alles gut vor und das Anlegen klappt wie am Schnürchen, außer, dass unsere 15 m lange Leine zu kurz ist und ich die Heckboje wieder loslassen muss. Wir machen erstmal nur vorn fest und ein vorbeifahrende Junge im Dinghy (Schlauchboot) hilft uns, eine verlängerte Leine zur Boje zu legen (auch die 25 m Leine allein reicht nicht). An unserem Platz könnten wohl auch 30 m Schiffe festmachen.
Am Nachmittag erkunden wir Käringön. Die Insel ist autofrei und alles passt sich an den Fels an, eine komplett andere Landschaft. Hier beginnt gerade die Hochsaison und viele Schweden ziehen in ihre Sommerhäuser ein. Es herrscht eine super schöne, entspannte Urlaubsstimmung. Da wir in den kommenden Tagen ankern wollen und uns da überwiegend selbst versorgen, wollen wir heute nochmal Essen gehen. Aber die Restaurants sind bereits alle sehr voll und mit Jill macht das meist wenig Spaß. Also essen wir an einem kleinen Kiosk am Hafen eine Pizza und eine Quiche, beides super lecker in schönster Hafenatmosphäre. Abends fallen wir geschafft aber froh in die Kojen.

Am nächsten Morgen starten wir langsam und laufen nochmals zum Schiffsausrüster und kaufen noch ein paar Kleinigkeiten im örtlichen Supermarkt ehe wir zu unserer ersten Ankerbucht fahren. Für den angekündigten Wind liegt die Bucht günstig und es gibt auch zwei Bojen. Da es nur 3 sm zur Bucht sind, fahren wir nur unter Motor. Leider sind beide Bojen bereits belegt also schmeißen wir unseren Anker auf gut 4 m Wassertiefe und fahren den Anker ein.
(Ein kleiner Exkurs zum Ankern: Früher haben Anker aufgrund ihres hohen Gewichts gehalten, oder eben auch, nicht. Heutzutage sind Anker so gebaut, dass sie sich in den Untergrund eingraben. Damit der Anker sich eingraben kann, darf der Zugwinkel eine niedrige Gradzahl (ca. 10°) nicht übersteigen. Hat man am Anker eine schwere Stahlkette hängt diese durch das Eigengewicht etwas durch und verbessert dadurch den Zugwinkel. Desto tiefer das Wasser ist, desto mehr Kette oder Leine benötigt man, wobei man bei einer Ankerleine deutlich mehr Länge benötigt als bei Kette. Um den Anker einzugraben, kann man dann einfach rückwärts fahren. Um den Anker wieder hoch zu bekommen, muss man den Anker quasi nach oben hebeln, dafür kann man die Kette soweit wie möglich einholen und einfach über den Anker fahren. Nun muss man neben dem Ankergrund (Sand, Fels, Schlamm, Seegras), welcher sehr unterschiedlich guten Halt bietet, auch noch auf Winddreher achten, denn diese können den Anker natürlich auch in die falsche Richtung belasten und somit ausbrechen lassen.  Ob er dann wieder hält ist eben Glückssache.)
Nachdem ein weiteres Boot hinter uns den Anker wirft, denken wir, dass die Bucht nun eigentlich voll ist. Aber bis zum Abend kommen noch weitere 10 Boote in die Bucht und haben teilweise sichtlich Schwierigkeiten zu ankern, zudem wird es immer enger. Das wird keine gute Nacht werden, denn Abends dreht auch noch der Wind und frischt auf. Bei uns scheint alles gut zu halten aber trotzdem sind wir natürlich noch unsicher und prüfen regelmäßig, ob wir noch auf Position sind und legen uns schließlich Schlafen. Gegen 1.40 Uhr hören wir plötzlich ein Tröten und Rufe, innerhalb von 3 Sekunden bin ich im Cockpit, inzwischen ist es dunkel aber wir befinden uns noch an Ort und Stelle, was ich über eine Peilung zum Land schnell prüfen kann. Doch gleich 5 Boote haben sich offenbar in der letzten Windböe losgerissen und treiben teilweise in einem Affenzahn durch die enge Bucht. Gottseidank bemerken es die Eigner schnell genug und können die Motoren starten und ihre Schiffe vor den Felsen und anderen Ankerliegern bewahren. Die treibenden Boote pflügen dabei mit ihren Ankern über den Boden und können dabei natürlich auch andere Anker bzw. deren Ketten aus dem Boden reißen, also alles eine ziemlich gefährliche Situation. Gottseidank erwischt niemand unseren Anker. Während 2 Boote aus der Bucht fahren und flüchten, versuchen einige erneut zu ankern aber mit teils ungeeigneten Ankern oder ohne Ankerkette gelingt es oft nicht. Während ich mich noch wundere, dass ein relativ großes Boot so nah an der Untiefe hinter uns lang fahren kann, rummst es heftig und das ganze Boot stoppt unmittelbar voll auf, offenbar ist es mit dem Kiel an einem Unterwasserfelsen hängen geblieben. Bis zum Morgen werden noch weitere Boote auf Drift gehen. Wir jedenfalls können nicht mehr schlafen und beschließen, Ankerwache zu gehen, d.h. einer bleibt immer wach und prüft regelmäßig die Position und die anderen Schiffe. Kurz vor 3 Uhr beschließen wir aufgrund der Nähe zu einem anderen Boot auch nochmals neu zu ankern, denn seit unserem ankern hat der Wind auch um 180° gedreht. Beim Ankeraufholen (bei uns von Hand) stellen wir fest, dass dieser sehr gut gehalten hätte. Wir sind trotzdem froh, nun etwas mehr Platz zum nächsten Boot zu haben, Ankerwache gehen wir trotzdem. Jassy übernimmt die erste Wache bis 5.30 Uhr, dann bin ich dran, und es ist ziemlich kalt. Immerhin kommt man so mal zum Podcasts hören. Bis zum Morgen leert sich die Bucht und unser Anker hält. Als aber eine der Bojen frei wird, entschließen wir uns an diese zu gehen, um beruhigt etwas Schlaf nachholen zu können. Und wieder stellen wir beim Aufholen fest, dass unser Anker bombenfest gehalten hätte.
Am Abend fahren wir noch mit dem Beiboot ans Ufer, inzwischen hat der Wind abgenommen und wir genießen diese atemberaubende Natur und den Ausblick von den Felsen. In der kommenden Nacht liegt nur ein Boot vor Anker und es bleibt ruhig.

Am folgenden Tag brechen wir gegen 10 Uhr auf, in der Hoffnung, ggf. eine Boje in der nächsten Ankerbucht zu bekommen. Es sind nur 3 sm durch die engen Schärenfahrwasser und nach 45 min fällt bereits unser Anker auf 7 m Wassertiefe, leider waren alle Bojen schon belegt. Bis zum Abend liegen 20 Boote in der Bucht, aber eigentlich kann uns aufgrund der Windrichtung und der geringen Windstärke kein anderes Boot gefährlich werden. In dieser Bucht gibt es einen kleinen Strand und ein Restaurant, wo wir uns am Nachmittag einen Kuchen gönnen. Für den kommenden Tag planen wir nach Gullholmen, dem Dorf auf dieser Insel, und an die Westseite der Insel zu wandern.
Als am nächsten Morgen 2 der 4 Bojen in der Bucht frei sind, beschließen wir uns eine zu schnappen, um beruhigt wandern zu können. Wieder hätte unser Anker bombenfest auch eine weitere Nacht gehalten.
Für die Wanderung fahren wir mit dem Beiboot an den Strand und machen es an einem Felsen fest. Jill kommt in die Trage und es ist herrlichstes Sommerwetter, blauer Himmel, Sonnenschein und 25°C, wobei es in der Sonne noch heißer ist. Gullholmen ist eigentlich wie ein typisches italienisches oder südfranzösisches Städtchen, lauter verwinkelte Gassen und die Häuser auf und in den Felsen gebaut. Allerdings typsich schwedisch aus Holz mit Verzierung und in bunten Farben, alles wirkt zudem gepflegt und ordentlich. In einem der zwei Restaurants beschließen wir Mittag zu essen und auch Jill spielt mit, während wir einen richtig guten Burger essen. Im Anschluss laufen wir einen der Rundwege zur Westseite der Insel. Der Weg ist nicht immer ganz klar ersichtlich, da man teilweise einfach über die Felsen klettert, zwischen den Felsen sieht man aber oft den kleinen Trampelpfad. Der Weg ist richtig toll und die Natur beeindruckt uns sehr, Härmanö (die Insel) ist auch ein Naturreservat. Mal muss man klettern, dann schlägt man sich gefühlt durch einen Dschungel, in den Wasserlöchern im Fels wachsen Seerosen. Die Nordsee ist heute ganz ruhig, auf dem Rückweg geht es vorbei an einer Moorlandschaft und wir klettern durch einen flachen Wald. Es ist so warm, dass wir froh sind, als wir am Strand mit unserem Beiboot ankommen und auch mü noch an Ort und Stelle entdecken.
Zurück am Boot, ärgern wir uns wieder über ein Boot, was sehr nah an uns geankert hat, aber kümmern uns erstmal um Jill. Als ich wenige Minuten später wieder aus dem Boot schaue, ist das andere Boot nicht mehr vor uns, sondern neben uns. Während ich es beobachte, wandert es immer weiter weg, der Anker des Boots rutscht und es ist offenbar niemand an Bord. Schnell mache ich unser Dinghy klar und düse Richtung Land. Auf dem Weg halte ich ein anderes Boot an und frage, ob sie helfen können, das andere Segelboot zu sichern, bevor es auf die Felsen treibt. Genau das machen sie dann auch, während ich an Land einfach ein paar Leute frage, ob sie wüssten wem das Boot gehört. Einer ruft im Restaurant an,  die ausrufen lassen, dass ein Boot abtreibt. Perfekt, denke ich und fahre dann zurück zum Boot. Ich hole eine Leine und mit dem anderen Helferboot zusammen versuchen wir erstmal, das treibende Boot weg vom Felsen zu ziehen. Dann kommt noch ein Schnellboot vorbei und hilft mit, endlich sind die 200 PS Boote mal nützlich. Noch während dem Abschleppmanöver kommen völlig fertig die Eigner vom Restaurant angepaddelt und übernehmen dankbar ihr Boot. Ein Glück waren sie im Restaurant und nicht anderweitig unterwegs. Was wir hingegen seltsam finden, ist, dass sie erneut direkt vor uns ankern. Und dass trotz des schlechten Untergrunds und unserem Hinweis, dass es weiter rechts in der Bucht einfacher ist, den Anker einzugraben. Diesmal scheint deren Anker wenigstens zu halten und sie bleiben den Rest des Tages auf ihrem Boot. Allerdings haben sie nichtmal eine Ankerkette, wie viele Schweden nutzen sie ihren Heckanker, der häufig nur an einem Band befestigt ist. Der Anker wird dann hinten ins Wasser geworfen und das Band wird dann nach vorne gegführt und an einer Klampe am Bug befestigt, sodass ein provisorischer Buganker entsteht. Wir sind entnervt von der schlechten Ausrüstung und dem Leichtsinn der anderen Segler und buchen für den kommenden Starkwind einen Hafen in der Nähe. Wir wollten eigentlich entspannt buchteln und haben genug Abenteuer. Da möchten wir uns nicht auch noch Sorgen um treibende Boote machen müssen.
Trotz allem genießen wir den Abend und die Stimmung in der Bucht. Jassy kann am Abend noch ein wenig die Bucht mit dem SUP erkunden. Aufgrund der vielen Feuerquallen wollen wir nicht baden, aber kühlen uns im Cockpit mit unserer Solardusche, die wir am Baum befestigen ab. Herrlich!

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