2025-01-12 Blogpost #032 Felix
Das Unterwasserschiff
Bis zu diesem Zeitpunkt des Refits, welches bereits seit 2,5 Jahren lief, war äußerlich kaum zu erkennen das hier ein umfassendes Refit stattfand. Auch wenn man uns jedes Wochenende hat hören können, spielten sich die größten Änderungen im verborgenen im Inneren des Schiffs und unter der Plane ab. Das sollte sich nun ändern, denn bis das Boot ins Wasser konnte, musste zwingend der Teil des Schiffes der später unter Wasser liegt, überholt werden.

Am Unterwasserschiff ist äußerlich bislang nur am Saildrive und an den Seeventilen und Borddurchlässen gearbeitet worden, was schon einige Zeit zurück lag. Einige Stellen des Rumpfes wurden zusätzlich von Innen mit Glasfaser und Epoxy verstärkt. Nun aber sollte in einem ersten Schritt die alte Anitfoulingfarbe herunter. Aber zunächst erkläre ich vielleicht erst mal was der ganze Aufwand soll.
Da Boote wie unseres mindestens über den ganzen Sommer im Wasser sind, benötigen sie einen Bewuchsschutz gegen Algen, Muscheln und andere Wasserlebewesen. Insbesondere bei Segelbooten reicht die Geschwindigkeit auch nicht aus um den Bewuchs einfach während der Fahrt abzuspülen. Der Bewuchs hat erheblichen Einfluss auf die Geschwindigkeit und Manövrierbarkeit eines Bootes und insofern auch auf die Sicherheit.
In der Vergangenheit hat man mit höchst giftigen Farben versucht den Bewuchs einzudämmen, erfolgreich. Allerdings ist die Wirkungsweise der Art, dass sich dabei die Gifte aus der Farbe lösen und ins Wasser gelangen, weshalb wir ein anderes System nutzen möchten. Inzwischen haben im übrigen auch die Behörden in vielen Länder reagiert und viele Produkte verboten oder die Nutzung eingeschränkt.
Wir haben uns für Copper Coat als Antifouling entschieden. Das ist im Grunde eine Epoxy Farbe, also Harz und Härter in das reines Kupferpulver eingerührt wird. Das Kupfer ist also in der Farbe gebunden und eingekapselt. Vor dem Einwassern wird die Farbe leicht angeschliffen, sodass das Kupfer freiliegt und (hoffentlich) den Bewuchs hemmt. Der größte Vorteil ist, dass Copper Coat über 10 Jahre halten soll und lediglich hin und wieder leicht angeschliffen werden muss, also man nicht jedes Jahr neues Gift applizieren muss. Der Nachteil ist, dass man wohl hin und wieder mal das Unterwasserschiff vom Bewuchs abreiben muss. Soweit die Theorie, wie das in der Praxis funktioniert, werden wir berichten.
Wie wir nun wissen ist das Zeug was ich vom Rumpfgekratz habe hochgradig giftig, weshalb wir bei den Arbeiten stets mit Absaugung und Schutzausrüstung gearbeitet haben. Ursprünglich hatte ich gehofft den Rumpf an 1-2 Tagen fertig abzukratzen, am Ende hat es ungefähr 8 halbe Arbeitstage gedauert. Halbe, weil die Arbeit derartig anstrengend ist, dass man maximal 4-5 h pro Tag kratzen kann. Man benötigt relativ viel Kraft, muss konzentriert arbeiten und das ganze über Kopf bei viel Lärm. Dafür ist diese Arbeit relativ Wetterunabhängig, tatsächlich ist es sogar gut wenn es bewölkt und nicht zu warm ist, da man sowieso schnell ins Schwitzen kommt. Ich habe die Kratzarbeiten im März erledigt. Alle paar Minuten muss man Pause machen und so ziemlich alle Passanten und Bootseigner schauen einen mitleidig an oder bewundern den Einsatz, nette Abwechslung.
Im Übrigen hat sich der ProScraper für die Kratzarbeiten als das Beste Werkzeug herausgestellt und auch die Klingen haben sehr lange gehalten. Bei uns konnte ich ca. 1 mm starke Farbschichten auf einmal herunter holen ohne die Kontur des Unterwasserschiffs zu verändern. Mit dem Exzenterschleifer hätte ich dafür ewig gebraucht und mit der Flex hätte ich später eine Mondlandschaft gehabt. Nach dem Kratzen war allerdings ein Feinschliff (mit dem Schleifgerät) trotzdem nötig. So konnten auch die letzten Farbrückstände bis auf das Gelcoat entfernt werden, und die Kratzriefen die Zwangsläufig entstehen etwas geglättet werden.

Das Schleifen ist dann natürlich direkt Vorbereitung für den Wiederaufbau des Farbsystem für das Unterwasserschiff und ist relativ zügig erledigt (1-2 Tage). Nach dem Schliff war es das erste mal richtig gut möglich den Zustand des Rumpfes zu begutachten. Positiv viel auf was eigentlich klar war, der Kiel ist aus blankem Blei und in sofern absolut pflegeleicht und robust. Die ausgiebige Beschäftigung mit jedem Quadratzentimeter des Rumpfes offenbarte ansonsten auch keine großartigen bösen Überraschungen. Weder fanden wir Schäden die adressiert werden müssten noch irgendwelche Anzeichen für Osmose (ein gefürchtetes Problem mit GFK Booten).
Wenngleich unser Antifoulingsystem (Copper Coat) gleichzeitig als Osmoseprophylaxe dient, wollten wir mit einem zusätzlichen Epoxy Primer vorbeugen. Dieser Dickschichtprimer soll einerseits kleine Kratzer und und Löcher etwas füllen, als auch als Haftvermittler für die spätere Farbe dienen. Der Vorteil ist, das der gewählte Primer von Hempel wesentlich anspruchsloser an die Umgebungsbedingungen ist als Copper Coat. Die Farbe reicht bei uns für zwei Schichten, die Nass in Nass an einem Tag aufgebracht werden kann. Im Anschluss sollten aber dem Primer aber je nach Umgebungsbedingungen einige Wochen Zeit gegeben werden, ehe die nächste 2K Farbe aufgetragen wird.
Bevor der Primer aufgetragen werden kann musste das Schiff natürlich entstaubt und Entfettet werden und auch spätestens Jetzt musste die Plane anders abgespannt werden. Den alten Wasserpass hatte ich bereits beim Schleifen teilweise mit entfernt. Beim Abkleben konnte ich mich an der oberen Kante des alten Wasserpass orientieren um die Wasserlinie nicht zu verändern und gleichzeitig den Anstrich etwa 5 cm höher anzubringen. Der alte Wasserpass war schlecht gemalt und hätte entweder erneuert oder entfernt werden müssen, wir haben uns für letzteres entschieden und sind bislang sehr froh mit der Entscheidung. Damit man keine hässlichen Bewuchsansätze sieht haben wir wie gesagt den Bewuchsschutz etwas höher gemacht, was das Boot wesentlich sportlicher wirken lässt.
Nachdem der Primer über 3 Wochen getrocknet bzw. ausgehärtet war, schliff ich alles nochmals plan.
Der Saildrive übrigens war das einzige Bauteil welches nicht mit Coppercoat behandelt wurde, da dieser aus Aluminium besteht. Hier haben wir uns an die Vorgaben des Hersteller gehalten und Trilux Antifouling verwendet. Den Propeller haben wir gar nicht behandelt sondern nur poliert, hier gehen die Meinungen stark auseinander, also probieren wir unser Glück erstmal ohne alles und hoffen das das hohe Drehmoment des Elektromotors allen Bewuchs später einfach abstreift.

Das Copper Coat lagerte inzwischen schon über ein Jahr auf unserem Dachboden, aber so ein Refit braucht halt oft länger als man denkt und je nach Wetter muss man eben andere Projekte vorziehen und andere für später liegen lassen. Im letzten Jahr hatte wie ihr wisst das Deck priorität aber nun war das Unterwasserschiff ganz oben auf der ToDo Liste. Das einzige was noch fehlte waren gute Applikationsbedingungen, denn Copper Coat ist ziemlich Anspruchsvoll hinsichtlich Temperatur und Luftfeuchtigkeit und das über mindestens die ersten 3 Tage nach Auftrag. Außerdem müssen alle Schichten (man benötigt mindestens 5) innerhalb eines Tages aufgetragen werden. Sobald die Letzte aufgetragene Schicht leicht angetrocknet bzw. gehärtet (tacky) ist, muss bereits die nächste Schicht aufgerollt werden. Und als wäre das nicht bereits genug, muss die Farbe permanent gerührt werden und kann auch nur in kleinen Mengen vorbereitet werden, da sich sonst das schwere Kupferpulver am Grund des angerührten Epoxy absetzt (40 kg Materialgewicht davon 30 kg Kupfer).
Die Hersteller empfehlen, dass man mindestens zu 3. ist für den Anstrich (einer Rührt, zwei malen). Leider konnte Jassy bei diesem Projekt nicht unterstützen aber ein Arbeitskollege erklärte sich bereit mit zu malen.
Und was soll ich sagen wir hatten unglaubliches Glück ein gutes Wetterfenster im Mai zu erwischen. Obwohl man an der Schlei ständig mit Morgentau zu kämpfen hat hatten wir 3 sehr trockene Tage in Aussicht und nutzten die Gelegenheit.
Morgends reinigte ich das bereits geschliffene Unterwasserschiff und wischte alles mit Ethanol ab. Anschließend klebte ich die Wasserlinie 2-fach ab. Durch einen kleinen Versatz beim Abkleben konnte ich nach der zweiten Schicht, das erste Lackierband abziehen, was zwei Vorteile hat. Erstens ist die Spätere Kante an der Farbe nicht so hoch, zweitens lässt sich das Band leichter bzw. sauberer entfernen, wenn weniger Schichten anliegen.
Nachdem das Schiff sauber und trocken war, und die Temperaturen im grünen Bereich waren legten wir los. Bei unserer Schiffsgröße reicht es wenn man für den Auftrag zu zweit ist. Anfangs war die Aufteilung einer rührt einer malt, später malten wir aufgrund der gestiegenen Temperaturen beide und rührten immer zwischendurch. Dabei arbeiteten wir uns immer von einer Seite von vorn nach hinten und anschließend ging es an der anderen Seite weiter. Pro Schicht inkl. antrockenen benötigten wir etwa 100 min. bis spät in den Abend schafften wir an dem zusammen 5 Schichten, die 6. Schicht brachte ich allein mit dem allerletzten Tageslicht an.
Schicht für Schicht deckte das Kupfer immer mehr, sodass bereits nach der 3. Schicht nur noch schwer der Primer zu erahnen war und ab der 4. alles nur noch Kupfern glänzte. Direkt nach der 6. Schicht entfernte ich auch das Lackierband. Das Ergebnis sah ich erst am nächsten Tag, das Unterwasserschiff sah super aus, allerdings war die Farbe tatsächlich noch nicht komplett fest also konnten wir das Superwetter für einen Strandtag nutzen.
Falls sich nun jemand fragt wie wir das im Bereich der Stützen gemacht haben: erst einige Wochen später und nachdem wir das Boot haben umlagern lassen, anders geht es nicht. Dazu hatte ich mir einen Rest Epoxy, Härter und Kupfer aufgehoben. Glücklicherweise hatten wir dazu unmittelbar vor dem zu Wasser lassen nochmals ein günstiges Wetterfenster und ich konnte abwechselnd andere Arbeiten auf dem Boot erledigen.
Der letzte Schritt bzw. der letzte Schliff zur Freilegung des Kupfers erfolgte erst 2 Tage bevor das Boot im Juni ins Wasser kam mit 400er Schleifpapier. Und das Schleifen war wieder anstrengend, denn die Farbe war wirklich sehr hart und die Schleifgitter ziemlich schnell verschlissen, aber wir haben es geschafft. Diesmal haben wir die Stützbereiche erst als das Boot schon am Kran hing von Hand angeschliffen. Nun hoffen wir, dass sich dieser Aufwand auch auszahlt und werden von unseren Erfahrungen berichten.
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