2024-06-29 Blogpost #020 Felix

Die Pantry

Die Kombüse ist auf Booten enorm wichtig, denn gutes Essen hält die Crew bei Laune. Heute nehmen wir Euch auf die Verwandlung unserer Kochnische mit. Die Kunst dabei ist, auf kleinstem Raum alles seefest unterzubringen und die gleiche Funktionalität wie in einer normalen Hausküche zu erhalten. Auch in Hinblick auf Wasser, Gas und Strom gibt es ein paar Herausforderungen. Aber lest selbst, wie wir dies für uns gelöst haben.

Für ein 32 Fuß Segelboot bieten Comfortinas wirklich große Pantrys. Im Grunde ist ab Werk alles wichtige vorhanden: Doppelspüle, Backofen mit Herd, ein Kühlschrank, eine angemessene Arbeitsfläche und dazu viel Stauraum. Die Größe der Küche und das Layout waren für uns bereits bei der Auswahl des Schiffs sehr wichtig. Dennoch war auch hier klar, dass wir ein paar Kleinigkeiten ändern würden, denn man sah der Küche an, dass der Zahn der Zeit an ihr genagt hatte.
Wir wollten die Küche im gleichen Stil wie den Salon und das Vorschiff modernisieren und auch hier alles so einfach wie möglich halten. Insbesondere die Gasanlage bereitete uns als potentielles Gefahrenrisiko Unbehagen, aber auch der Kühlschrank war nicht mehr auf dem Stand der Technik. 
Als erstes flog daher der 35 Jahre alte Gasherd raus. Wir haben bereits von vielen Seglern gehört, dass es teilweise immer wieder schwierig ist, Gas zum Kochen zu bekommen, da jedes Land unterschiedliche Gasflaschen und Anschlüsse hat. Spiritus hingegen gibt es überall, ist wesentlich einfacher als Gas zu lagern (z.B. in 1 L Flaschen) und zudem nicht explosionsgefährlich. Spirituskocher sind seit jeher bei Campern und Booten im Einsatz. Wir haben uns für eine 2-flammige Version ohne Druckbehälter entschieden. Das Kochen dauert zwar etwas länger, aber alles ist Gewöhnungssache und unterwegs können wir  uns dafür Zeit nehmen. Der Kocher ist bei uns halbkardanisch aufgehängt und kann so auch auf See oder an rolligen Ankerplätzen verwendet werden. Zusätzlich haben wir auch noch eine elektrische Induktionsplatte. Da unser Boot als Elektroboot sowieso die nötige Power mitbringt, werden wir wohl meist mit unserer Induktionsplatte kochen. Um den Stromverbrauch etwas im Blick zu behalten, wird es in der Küche nur eine entsprechend abgesicherte Steckdose geben. Als Backofenersatz gibt es den Omnia, einen runden Aufsatz mit doppelter Kammer und Deckel sowie Silikonbackform und kleinem Rost, mit dem man auch Aufläufe, Brot und vieles mehr backen kann.
Den frei werdenden Platz vom vorherigen Backofen möchten wir für einen Kühlschrank nutzen. Ursprünglich gab es in der linken hinteren Ecke des Bootes ein Kompressorkühlfach und unter den Salon Kojen befand sich der dazugehörige Kompressor. Der Voreigner erwähnte bereits, dass die Kühlplatte ständig vereist sei und der Kompressor viel Strom benötige, also nur laufen konnte wenn der Motor lief oder man im Hafen war. Auch hier profitieren wir von unserem Elektrokonzept für die angedachte Kühlschublade. Die spannende Frage ist jedoch, wie viel Kühlraum man als kleine Familie zu Dritt oder maximal zu Viert wirklich dauerhaft benötigt. Wichtig war uns dabei, dass man den vorhanden Platz möglichst gut nutzen konnte. Auf der Boot Düsseldorf schauten wir uns daher einige Kühlschubläden an. Die Wahl fiel schließlich auf ein 20 L Kompressorkühlfach von Dometic. Im Vorfeld bastelten wir uns einen Karton in der Größe des Kühlfachs um zu testen, was wir dort wohl alles reinbekommen würden. Sollten wir mehr Kühl- oder gar Gefrierraum benötigen, können wir jederzeit eine tragbare Kühlbox besorgen, die dann eben nach Bedarf verwendet wird und sonst keinen Platz weg nimmt. 
Das frei werdende Kühlfach wollten wir als großes Staufach umfunktionieren. Dafür befreiten wir es von seiner Schaumisolierung und der GFK-Innenschale. Das war eine Menge Arbeit, zwei volle Arbeitstage. Um das neue Fach anschließend aus Holz und Epoxy zu bauen, gingen nochmals einige Tage drauf. Die Mühe hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, denn dafür haben wir jetzt sehr viel Stauraum für Lebensmittel.

Obwohl wir massig Energie an Bord haben, verzichten wir bei der Wasserversorgung auf elektrische Druckpumpen. Zum einen sind diese Pumpen in der Regel relativ laut, zum anderen verschwendet man hier sehr leicht Wasser. Deshalb verwenden wir zum Spülen auch Salzwasser in der Küche. Seit Jahren bewähren sich in Booten Fußpumpen von Whale. Solch eine hatten wir bereits an Bord, diese sollte zukünftig das Salzwasser befördern. An das entsprechende Seeventil bauten wir einen Schwanenhals und einen groben Wasserfilter an. Als Wasserhahn wählten wir den einfachsten Teleskopwasserauslass von Whale. Für die Süßwasserversorgung schlossen wir ebenfalls eine neue Whale Fußpumpe an den Wassertank an. Diese Zapfstelle ist zudem die einzige Süßwasserentnahme. Das vereinfacht die Schlauchführung und lässt uns unseren Wasserverbrauch besser beobachten. Zwischen Pumpe und Wasserauslass installierten wir eine Aktivkohlefilterpatrone. Wir wollen dieses Wasser allerdings vor dem Trinken trotzdem vorher abkochen. Für das eigentliche Trinkwasser werden wir immer entsprechende Extrakanister bzw. Flaschen an Bord haben.
Weiterhin haben wir im Zuge der Wasserversorgung alle Schläuche getauscht und das Fach, in dem die Pumpen installiert sind, mit einem doppelten Boden versehen, um auch hier gut nutzbare Staufläche zu bekommen. Selbstverständlich sind alle Seeventile aber weiterhin gut zugänglich.

Der offensichtlichste Teil des Küchenumbaus betraf die Arbeitsplatte und die Schränke. Zu Beginn des Küchenprojekts demontierten wir alle Holztrimmteile und Einbauten. Anschließend verstärkten wir zunächst die GFK-Schale, in der früher der Backofen war. Dazu laminierten wir als Kern ein dünnes Holzbrett ein. Im hinteren Bereich machten wir einen Ausschnitt und klebten Holzstützen für den neuen Kompressor ein. Hinter der Küche gibt es noch viel Luftvolumen bis zum Rumpf, sodass genügend Luftzirkulation für den Kompressor vorhanden ist.
Auch die neue Küchenfront wurde eingeklebt und anschließend von hinten an die Küche anlaminiert. Wie oben bereits erwähnt, konnten wir im ehemaligen Kühlfach durch das Entfernen der Isolation viel neuen Platz generieren und bauten ein neues Fach aus Holz ein, das wir anschließend von Innen einlaminierten. Ansonsten wurden in der Küche alle unnötigen Löcher vorsorglich gespachtelt und alle Oberflächen in Vorbereitung für den Primer geschliffen. Vor dem Primern wurden natürlich alle benötigten Ausschnitte für die Fußpumpe, den neuen Kühlschrank und das Fach für den Kocher gemacht bzw. die Leisten zur Aufnahme eingebaut. Im unteren Bereich der Küche wurden die Fächer Innen nach dem Primern mit Bilgenlack lackiert, das obere Fach wurde genauso wie die Küche von Außen in Hochglanz Weiß lackiert. Alle Oberflächen haben in Summe 4  bis 5 Schichten Primer bzw. Lack erhalten.
Ein Mammutprojekt war sicherlich die neue Arbeitsfläche. Am liebsten wollte ich eine Arbeitsfläche aus Bambus bauen, leider war das aber nicht in der nötigen Größe zu bekommen. Die Standardküchenarbeitsplatten kommen für ein Boot aufgrund von Dicke und Gewicht bzw. der Bauart mit Pressspan nicht in Frage. Das bevorzugte Material für Boote ist Corian, was allerdings sehr teuer und schwer zu bearbeiten ist. Wir entschieden uns daher für eine große Platte (2 cm stark) aus Wildeiche. Das Ziel war, alle Ausschnitte aus einem Element zu machen, sodass die Maserung übereinstimmt. Das allein war aber mit unseren Werkzeugen nur schwer möglich und schweißtreibend. Außerdem brach die Platte beim Sägen der Ausschnitte für Kocher und Spüle leider in zwei Positionen. Mit etwas Epoxy war das zwar leicht zu beheben, warf aber gleichzeitig Zweifel auf, ob diese Platte wirklich für die Küche geeignet war. Die Platte verklebten wir mit einem speziellen ausschäumenden Konstruktionskleber auf die alte Küchenoberfläche. Schon nach einem Jahr an Land zeigte sich allerdings, dass dieser Kleber nicht taugte, sodass wir die Platte später von unten und oben später noch verschrauben mussten. Zusätzlich ist die Platte aber auch so verkeilt, dass sie sowieso nicht ohne Weiteres verrutschen konnte. 

Nachdem die Platte entsprechend eingepasst und fixiert war, beschäftigte ich mich mit der Schlingerleiste. Diese sorgt dafür, dass im Seegang nichts herunterfallen kann und dient gleichzeitig zum Festhalten. Mein ganzer Stolz ist die abgerundete Ecke, die ich lediglich mit einer Handsäge gemacht habe. Natürlich ist es mit einer millimetergenau einstellbaren Kreissäge ein Leichtes, Holz um derart enge Radien zu biegen, aber es geht auch händisch mit Geduld und Fleiß. Das Ergebnis ist wirklich toll geworden. Neben der  Optik ist die Rundung jedoch auch sicherheitsrelevant, da eine derart exponierte Spitze auf See durchaus gefährlich sein kann.
Die Schlingerleistenelemente fixierte ich mit Schrauben und verschloss die Löcher diesmal mit Teakpfropfen.
Um mehr Arbeitsfläche zu haben, wurde die Aussparung über dem Kocher mit einer Klappe versehen. Um diesen Bereich leichter reinigen zu können und auch hinsichtlich dem Kochen mit offenem Feuer auf der sicheren Seite zu sein, wurde der Kochbereich mit einem Blech auch V4A ausgekleidet.
Vor dem Kocher wurde zudem ein Edelstahlrohr eingebaut, um sich beim Kochen ggf. sogar einpicken zu können.
Bereits in der ursprünglichen Küche war ein zusätzliches Aufklappbrett für mehr Arbeitsfläche vorhanden. Leider hatte ich die Scharniere versehentlich mit meinem Rücken bei Arbeiten am Mastfuß zerstört, aber immerhin konnte ich diese Schwachstelle dann auch gleich richtig beheben. Wir passten die Aufklappplattengröße auf unsere Bedürfnisse an und ich recherchierte nach geeigneten Scharnieren. Im Internet gab es eigentlich nur ein geeignetes Scharnier aus V4A, welches ich umgehend bestellte. Bei einem Blick auf das Etikett stolperte ich über den Hersteller August Vormann aus Ennepetal. Nach kurzer Recherche (Stammbaum meiner Großeltern) stellte sich heraus, dass die Firma vor über hundert Jahren bereits von einem Ur-Ur-Ur-Großvater von mir gegründet wurde. Ich finde die Vorstellung, ausgerechnet von dieser Firma ein Teil in unserem Boot verbaut zu haben, irgendwie cool.

Bevor zum Abschluss noch einige geölte Teaktrimmleisten wieder angebracht wurden, wurde die Arbeitsplatte 5 bis 6 mal mit lebensmittelgeeignetem Arbeitsplattenöl behandelt. Alle Schubladen und Türen haben wir ebenfalls aufbereitet und geölt.

Bis wir die Küche einräumen können, stehen allerdings noch einige kleine Aufgaben an. Beispielsweise werden wir alle Bereiche mit Antirutschmatten versehen und ein System zum Stauen von Schüsseln und Tellern etc. einpassen. Zunächst werden wir wohl nur das Nötigste an Küchenutensilien an Bord haben bis wir dann Stück für Stück mit dem nachrüsten, was wir für unser Leben auf dem Schiff wirklich benötigen. Nun wartet die Küche auf ihren ersten Einsatz und wir können es gar nicht abwarten, die ersten Gerichte in der neuen Küche zu zaubern.

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