2024-12-31 Blogpost #031 Felix
Elektrik Teil II
Nachdem wir uns im letzten Blogpost mit allem was 230V und 48V Spannung verlangt beschäftigt haben, soll es hier um die typischen Verbraucher bzw. das 12V Netz des Bootes gehen.

Warum überhaupt noch ein 12V Netz, hätte man nicht alles mit 48V machen können? Die Antwort ist Jain, natürlich wäre das hinsichtlich Leitungsquerschnitt der Kabel viel besser, allerdings gibt es einige Geräte nicht als 48V Variante und andererseits wollten wir ohnehin, dass unsere Verbrauchen nicht unsere Reichweite beeinträchtigen. Aus diesem Grund werden alle Vebraucher an Bord aus zwei eigenen SuperB LiFePo4 Akkus mit je 150 Ah Kapazität gespeist. Die Akkus werde wie im letzten Blogpost beschrieben, entweder über ein eigenens Ladegerät mit Landstrom geladen oder über einen DC-DC Wandler aus den 48V Akkus bei Bedarf.
Direkt an den Akkus ist ein Bilgenpumpenpanel und die Bilgenpumpe angeschlossen, sodass diese auch läuft, wenn der Hauptschalter ausgeschalten ist. Auch für den 12V Kreis befindet sich der 250A Hauptschalter in der Nasszelle. Die Hauptverteilung erfolgt wie beim 48V Kreis über Busbars, die im Motorraum angebracht sind.
Die Kabelquerschnitte richten sich nach den entsprechende Strömen, sowie der Länge des Kabels, also dem Widerstand. Hier gibt es verschiedene Apps mit denen sich der benötigte Kabelquerschnitt berechnen lässt. Dazu gibt man die Länge des Kabels, die erwarteten Ströme und den maximalen Spannungsabfall ein. Für unser Boot haben wir die Kabel von Akkus zur Hauptverteilung tendenziell überdimensioniert und bei den Verbrauchern nie einen geringeren Querschnitt als 2x 2,5 mm² verwendet. Für die meisten Verbraucher wie LED Lampen ist das bereits völlig überdimensioniert, aber so konnten wir einfach eine 100m Rolle mit 2x verzinnter Kupferlitze kaufen was wesentlich günstiger ist als viele unterschiedliche konfektionierte Stücke. Einige wenige Verbraucher wie beispieslweise der Kühlschrank benötigten dennoch dickere Querschnitte.

Die Verteilung, Schaltung und Sicherung erfolgt über eine Schalttafel mit thermischen Sicherungen. Die Sicherungen schützen dabei vor Leitungsschäden bzw. vor Bränden in Folge beschädigter Leitungen oder Kontakten. Löst eine Sicherung aus, muss diese nach Behebung des Schadens nicht getauscht werden, sondern kann durch einen Knopfdruck resetet werden. Am Schaltpanel laufen nur die roten Plusleitungen entsprechend durch und werden an einer Reihenklemme mit ihren jeweiligen Verbrauchen verbunden. Die Reihenklemme besitzt eine Minus Sammelschiene, sodass von den Busbars nur 2x 16 mm² rote Pluskabel und ein 35 mm² schwarzes Minuskabel zu den Busbars verlegt werden muss.
Alle Kabelverbindungen wurden entweder mit Kabelschuhen verpresst oder die kleineren Kabelenden gecrimpt und in Wassergeschützen Boxen über Federklemmen verbunden und verteilt. Wir wollten die Elektrik möglichst einfach gestalten um im Fehlerfall schnell und einfach dem Problem auf die Spur zu kommen. Dafür haben wir einige Verbraucher zu Gruppen zusammengeschlossen. Zum Beispiel gibt es bei uns die Gruppe Beleuchtung, worüber alle Lampen im Schiff, die einen eigenen Knopf besitzen geschalten werden. Ein anderes Beispiel ist die Gruppe USB-Steckdosen, an deren Kreis alle USB Steckdosen angeschlossen sind usw. Unser Schaltpanel besitzt 16 Schaltkreise wovon aktuell 14 verplant sind (Unsere Gruppen sind: Ankerlicht, Positionslaternen, Dampferlicht, Ambientbeleuchtung Vorschiff, Ambientbeleuchtung, Beleuchtung, Lüfter, Kühlschrank, UKW-Funk, Navtex, AIS, Autopilot, USB-Steckdosen, Instrumente).
Die Verteilung ist das eine, das andere ist es gute Positionen zum Verbauen der Verbraucher zu finden und diese zu montieren. Dabei sollen natürlich alle Kabel möglichst verdeckt laufen und diese möglichst kurz gehalten werden.
Ich versuche mal aufzuzählen was wir alles verbaut und angeschlossen haben: 1x Navitischbeleuchtung, 1x dimmbares Küchenlicht, 1x Licht für Achterkammer, 1x Licht für Nasszelle, 5x Streifenbeleuchtung im Salon, 2x Streifenbeleuchtung im Vorschiff, Zweifarblaterne am Bug, Hecklicht, Dampferlicht am Mast, Ankerlicht auf dem Mast, Kühlschrank, Bilgenpumpe 1 (es gibt noch eine zweite noch nicht verbaute), Kompassbeleuchtung, Echolot/Logge Brainbox, Echolot/Logge Display, 1x Outdoor USB Steckdose, 2x 2-fach USB Steckdose am Navitisch, Multicontrol panel, UKW-Funkgerät, Weatherdoc AIS, Bluetooth Navtex, aktive Nasszellenentlüftung.
Geplant ist wie gesagt noch eine weitere Bilgenpumpe, sowie eine Motorraumbelüftung. Eventuell wird es auch irgendwann noch eine Heizung geben, und einen richtigen Plotter, sollte unsere Tabletlösung und Papierseekarten nicht ausreichen.

Und nun muss alles nur noch mit Kabeln verbunden werden. Was im Grund die zeitraubenste und anstrengste Aufgabe ist. Die meisten Kabel verlaufen bei uns in einem Zwischenraum der Rumpf-Deckverbindung, die mit einem geölten Teakholzbrett verkleidet ist. Zusatzlich haben wir zum Schutz und für das einfachere Verlegen an einigen Stellen Leerrohre für die Kabel eingebaut. Da die Kabel auch zu den Verbrauchern irgendwie hin müssen, wurden einige Kabel auch in Schränken verlegt und mit Kabelbindern fixiert, oder hinter der Innenschale entlang geführt (z.B. zum Mastfuß). Hat man das Kabel endlich in der gewünschten Position muss es entsprechend abgelängt werden und die Enden abisoliert, gecrimpt, mit Schrumpfschlauch versehen und angeschlossen werden.
Das Ergebnis ist dann dafür sofort nach Umlegen des entsprechenden Schalters sichtbar. Insbesondere das nach über 2,5 Jahren wieder Licht ins Boot eingekehrt war, war ein toller Moment. Endlich erstrahlte das Schiff und lies auch all die Arbeit die wir in das Schiff gesteckt haben erst richtig sichtbar werden.
In Summe haben wir wohl einige Kilo (verzinntes) Kupfer und ca. 150 m Kabel im Boot verlegt. Obwohl ich dachte bereits jede Ecke vom Schiff zu kennen, habe ich bei der Aktion noch neue Ecken des Schiffs kennengelernt.
An dieser Stelle noch ein Kommentar zum Thema Blitzschutz bzw. Erdung. Hier gibt es viele Mythen und wirre Ideen und es ist schwierig herauszufinden, was man wirklich benötigt und wofür. Wir haben unser 12V Netz isoliert verlegt, d.h. nicht geerdet. Bislang haben wir keine Probleme mit galvanischen Strömen festgestellt, auch unser Funkgerät funktioniert tadellos mit über 30 sm Reichweite und die geringe Spannung ist für Menschen ungefährlich.
Was den Blitzschutz angeht, ist mir nur der Schutz der Crew wichtig, denn der Schutz der Geräte ist selbst mit enormen Aufwand quasi unmöglich. Ein Blitzeinschlag oder ein Einschlag in der Nähe wird also vermutlich Teile der Elektrik schrotten. Glücklicherweise ist unser Hauptantrieb das Segel, sodass wir unsere Manövrierfähigkeit nicht verlieren sollten und zusätzlich werden wir bei Gewitter unsere Handys in einer Eisenbox lagern um in Landnähe damit hilferufen zu können. Und im äußersten Notfall gibt es auch noch eine Epirb und ein Handfunkgerät. Jedenfalls muss ein Blitz trotzdem abgeleitet werden, sollte er in den Mast einschlagen (kann physikalisch nur in den Mast einschlagen). Umso praktischer, dass der Alumast durchgesteckt ist und über den Bleikiel geerdet ist. Zusätzlich haben wir die Alufußreling, die einmal um das Schiff läuft und somit auch mit der gesamten Reling verbunden ist und die Wanten und das Vorstag auf den Kiel jeweils alles mit 10 mm² Kabeln geerdet.
Als Fazit zur gesamten Elektrik lässt sich sagen, dass wir mit dem Ergebnis überaus zufrieden sind und sich ein solches Projekt mit ein wenig Geschickt und Sachverstand gut in Eigenregie umsetzen lässt. Wichtig ist, dass man sich der möglichen Gefahren bewusst ist, insbesondere wenn man mit gefährlichen Spannungen arbeitet, muss strengestens auf die Einhaltung alles Sicherheitsregeln geachtet werden. Hier hilft es natürlich das ich als Ingenieur zumindest Grundkenntnisse hatte und beruflich in der Leistungselektronikbranche arbeite. Das übrige Wissen habe ich mir angelesen oder Experten befragt wie z.B. das Team von GS-Power.
Falls es Leser gibt, die ein ähnliches Projekt planen und hierzu tiefergehende Fragen haben meldet euch gern per Email.
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