2025-05-27 Blogpost #036 Jassy
Live-Update: Bootscamping in Flensburg
Ein paar Wochen war es nun sehr still auf unserem Blog, nicht ohne Grund. Wir sind inzwischen auf das Boot gezogen und haben parallel die letzten Vorbereitungen für unseren Sommertörn 2025 getroffen. Wir genießen das Boatlife und was wir bisher erlebt haben, lest ihr hier.
(Anmerkung: was zwischen Zuwasserlassen und unserem Umzug aufs Boot noch so passiert ist, werden wir nachliefern.)

Es ist soweit! Nach drei Jahren Refit, unzähligen Arbeitsstunden, diversen Komplikationen und um viele Erkenntnisse und schöne, stolzerfüllte Momente reicher ziehen wir nun samt Baby für ein halbes Jahr auf unser Boot. “Mit Baby! Habt ihr euch das auch gut überlegt?”, werden sich viele fragen. Und ja, wir haben uns diese Frage auch gestellt, sind aber für uns zu dem Schluss gekommen, dass wir diese Chance auf eine unvergessliche Zeit zu Dritt dank Elternzeit nutzen wollen. Ob wir das in ein paar Wochen auch noch für eine gute Idee halten, werden wir bald berichten.
Nun aber erstmal zum entscheidenden Schritt: Dem Umzug aufs Boot. Unsere Mietwohnung haben wir zum 31.03.2025 gekündigt und sind dann erstmal bis Ostern zu einer Besuchstour aufgebrochen. Nach so viel Trubel und verschiedenen Menschen wurde die Aussicht auf die Zeit zu Dritt an Bord immer verlockender, auch wenn das erstmal mit einigen Einschränkungen einher gehen würde. Schließlich ist an Bord noch alles eingewintert (sprich kein Wasser) und mit Sack und Pack bleibt auch wenig Platz für größere Räumaktionen. Zumal Jill auch immer gerne (zurecht) bespaßt werden möchte. Gut, dass wir fürs erste noch das Auto als kleines Zwischendepot nutzen können.
Am Ankunftstag empfing uns ein klischeehaftes norddeutsches Wetter: frisch, windig, grau. Zu allem Überfluss erhielten wir die Info, dass das Warmwasser des Sanitärhauses erstmal nicht funktionieren würde, da die Installation einer neuen Wärmepumpe einige Komplikationen mit sich brachte. Als Lösung hierfür konnten wir netterweise das Sanitärhaus des benachbarten dänischen Hafens nutzen. Am Boot selbst war glücklicherweise alles in Ordnung. Die Kuchenbude lässt unser Zuhause auf Zeit auch gleich gemütlich wirken, trotz des unfreundlichen Wetters. Jetzt hieß es erstmal das nötigste vom Auto zum Boot zu transportieren. Hierfür gibt es in fast jedem Hafen kleine Ziehwagen, die man nutzen kann. Als das erledigt war, schauten wir uns erstmal an und atmeten tief durch. Das Abenteuer kann beginnen!
Nach und nach lichtete sich das Chaos und die ersten Routinen stellten sich ein. So stellten wir fest, dass wir es angenehmer finden, wenn Jill und ich vorn schlafen und Felix auf der Salonbank (zumindest fürs Erste). Das macht es beim Stillen einfacher. Den Tisch bauten wir ins Cockpit, wo auch Jills Hochstuhl stand. Dort hat sie alles gut im Blick, wenn wir sie mal kurz ‘Zwischenparken’ müssen, um etwas zu erledigen. Sie sieht dort aus wie eine Chefin auf ihrem Thron und unterhält gern die ganze Nachbarschaft. Der Vorteil der Kuchenbude zeigt sich um diese Jahreszeit ganz deutlich: Trotz kühlen Abenden und Wind können wir entspannt und relativ warm geschützt draußen sitzen. Unser Liegeplatz bietet einen fantastischen Ausblick auf die Sonnenuntergänge an der Förde und so sitzen wir, sofern es Jill zulässt, gern draussen und gucken dem Farbspektakel zu. Ansonsten haben wir auch einige sehr nette Bootsnachbarn um uns herum, mit denen sich immer wieder ein Plausch auf dem Steg oder am Vereinstisch des Förderestaurants ergibt. Dabei bekommen wir wertvolle Tipps zu den Segelrevieren um die Ecke und auch wenn mal eine helfende Hand gebraucht wird, ist häufig jemand in der Nähe. Wir fühlen uns richtig wohl hier. Der neue Alltag im Hafen besteht im Wesentlichen aus ausstehenden Bootsprojekten, Spaziergängen an der Förde mit Jill, Aufpassen, dass Jill, die sich nun auch hochzieht, nicht abstürzt, dass sie einschläft, isst, zufrieden ist und die tausend Dinge, die tagsüber im ganzen Boot verteilt wurden, zur Nacht wieder einigermaßen verräumt sind. Oft fragen uns Verwandte, ob uns denn nicht langweilig wird nach nun gut drei Wochen hier. Ich kann versichern: mit einem Baby an Bord sicher nicht! Es ist doch wesentlich herausfordernder als gedacht, zumal sie ihr sicheres Territorium, das wir ihr eigentlich gebaut hatten, bereits selbstständig halsbrecherisch verlassen kann.

Ein Highlight der letzten Wochen war sicherlich das Testen des neuen Großsegels zusammen mit unserem Segelmacher. Nachdem er alles montiert und auch den Mast erklommen hatte, ging es für 1,5 h nach draußen aufs Wasser. Trotz Bewuchs konnten wir 6 kn erreichen, für uns zu diesen Bedingungen super. Jill hatte das erste Mal ihre Rettungsweste an und konnte sich nur langsam mit ihr anfreunden. Bewegungsfreiheit hat sie darin nämlich so gut wie keine.
Gut für uns 😉 Später hat sie aber auch ihren Spaß auf dem Wasser gehabt, genau wie die großen.
Da das gute Wetter erstmal eine Pause einlegen wird und wir hier dadurch noch festsitzen, haben wir uns kurzerhand entschlossen, doch noch zu Kranen, um dem Bewuchs am Rumpf den Kampf anzusagen. Ich hatte etwas Sorge, denn mit Mast wurde unser Boot noch nicht gekrant und es sollte doch etwas Wind aufkommen. Der Hafenmeister hat die Aufgabe jedoch souverän gemeistert und so stand Mü genau 1 Jahr später wieder an Land. Das Ergebnis war weniger schlimm als befürchtet. Vor allem Propeller und Kiel waren von einigen Algen und Seepocken befallen. An den Außenseiten hatte Felix bereits immer mal wieder vom Dinghi aus kratzen können, das hat sich offensichtlich gelohnt. Die Algen gingen mittels Hochdruckreiniger einfach ab, die Pocken mussten jedoch mühsam von Hand abgekratzt werden. Nachdem das erledigt war, wurde das Anti-Fouling nochmal leicht angeschliffen, damit es wieder seine Aufgabe erfüllen kann. Außerdem bekam der Propeller noch eine Politur und erstrahlte danach in neuem Glanz. Leider konnten wir so spontan keine neue Opferanode mehr bekommen, deshalb muss die Alte noch etwas durchhalten. Immerhin konnten wir den Ölwechsel nach 50 Betriebsstunden am neuen Saildrive durch das Auskranen einhalten.
Glücklicherweise hatten wir Jill für 2 Stunden Freunden von uns auf einen Spaziergang mitgeben können. Für uns alle ein kleines Wagnis, da sie noch nie mit ‘Fremden’ länger allein war. Es hat jedoch zu unserer aller Freude problemlos geklappt (Jill hat das ganze verschlafen).
Nach ihrer Rückkehr waren wir auch gerade mit allem fertig geworden und das Boot konnte zurück ins Wasser. Nach ein paar spannenden Minuten (zumindest für mich) war der Spuk vorbei und Mü lag am Servicesteg als wäre nichts gewesen. Bereits die erste Fahrt zurück an unseren Platz zeigte, dass die Mühe sich auf jeden Fall gelohnt hat! Mü lässt sich wieder wesentlich besser steuern und ist viel schneller.

Ein paar Tage später wollten wir nochmal alles testen. Bei Böen bis Windstärke 6 und einem Sonne/Wolkenmix ging es für uns einmal zur Flensburger Hafenspitze und zurück. Zunächst nur mit dem Groß im ersten Reff, machten wir bis zu 5 kn Fahrt und kreuzten in die City hinein. Jill saß im Salon in ihrem Autositz und schlief glücklicherweise erst einmal. Am Ziel angekommen verließ sie jedoch die Geduld und sie wollte auch nach draußen. Also Rettungsweste an und auf Mamas Schoß. Letztlich war es aber doch der Hunger, der sie quälte und so gab es einen kleinen Snack mit schöner Aussicht auf den Museumshafen. Auf dem Rückweg nahmen wir das Vorsegel dazu, auch im ersten Reff, und konnten ordentlich mit über 6,4 kn segeln. Auf Höhe der Ochseninseln trafen wir uns auf dem Wasser noch mit einem befreundeten Boot aus dem Verein und machten gegenseitig ein paar Fotos. So einfach kommt man ja selten an schöne Aufnahmen von seinem Boot bei voller Fahrt. Zum Segel Bergen und Anlegen schlief Jill noch einmal eine Runde, was es für uns wesentlich entspannter machte. Alles hat wunderbar funktioniert, auch weil wir unsere Box mit Sorgeleinen ausgestattet haben. Der Blick in die Bilge bestätigte, dass die Testfahrt ein voller Erfolg war: alles blieb trocken.
Nun sind wir sehr erleichtert und freuen uns, nach der Schlechtwetterphase endlich Richtung Dänemark starten zu können. Alles ist bereit!
Die Zeit bis dahin genießen wir weiterhin das Bootsleben und verabreden uns häufig mit der Segelfamilie, die wir neu kennenlernen durften. Die Vier wollten nämlich diese Ferienwoche eigentlich ebenfalls segeln, werden aber wie wir vom Wetter ausgebremst. Gegebenenfalls werden wir gemeinsam Richtung Sonderburg starten, sobald das Wetter besser wird. Von unserem endgültigen Aufbruch und wohin es uns letztlich verschlägt, lest ihr in unserem nächsten Beitrag. Wir sind selbst gespannt!
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