2024-06-02 Blogpost #037 Felix

Nachtrag Saison 2024

Wie versprochen möchten wir euch noch erzählen wie es nach dem Zuwasserlassen im Juni 2024 weiterging. Nicht nur unsere Erfahrungen mit dem Boot sind gewachsen sondern auch unsere Crew, außerdem haben wir noch einiges am Boot gemacht und erzählen euch von der ersten echten Bewährungsprobe für unseren Elektromotor.

Wie ihr bereits im vorletzten Blogpost gelesen habt, ist der Start in unsere erste Segelsaison nicht unbedingt gelaufen wie geplant. Nicht nur der Stress der letzten Wochen sondern auch das Wetter, fehlende Segel und natürlich Jassys Schwangerschaft bremsten uns etwas aus. Nichtsdestotrotz ging es am Boot weiter, denn alles musste getestet werden und auch geübt wurde trotzdem.
In Anbetracht der Schwierigkeiten, die uns der super enge Hafen in Lindaunis bereitet hat, absolvierte ich ein Einhandskippertraining auf dem eigenen Boot. Dabei ging es neben taktischen Fragen was An- und Ablegen betrifft vorwiegend um Praxiserfahrung mit dem eigenen Boot bei unterschiedlichen Bedingungen. Neben unzähligen An- und Ablegemanövern wurde das Drehen auf engstem Raum, das Rückwärts fahren, Segeln, Ankern sowie Boje anfahren geübt und auch Jassy konnte unter Anleitung mit dem Motor Erfahrung sammeln.
Das Training hat uns viel Sicherheit gegeben und gezeigt, was mit unserem Boot gut klappt und wo die Grenzen liegen. Generell haben wir aber nach wie vor Respekt beim Anlegen in fremden Häfen.
Während einer Testfahrt mit Jassy habe ich einen Fehler unseres Antriebssystems provozieren können, der dazu führt, dass der Motor aus geht. Den Test hätte ich wohl besser ankündigen müssen, denn für Jassy kam das Problem aus heiterem Himmel und der Ort war auch nicht ideal (Engstelle in der Schlei mit Strömung). Naja, ich konnte den Motor schnell wieder starten und in den Hafen fahren, aber dieser Fehler darf nicht passieren. Einer unserer zwei Antriebsakkus war während langsamer Fahrt in den Standbymodus gewechselt und schaltete sich beim Gasgeben nicht wieder an. Der Motor zieht allerdings mehr Strom als ein Akku allein bereitstellen kann und somit ging der verbliebene Akku in den Überlastschutz und schaltete sich ab. Ein Neustart des gesamten Systems rettete uns in diesem Fall. Nach Rücksprache mit GS-Power wurde ein Termin zur Begutachtung des möglicherweise fehlerbehafteten Akkus und ein Upgrade des Systems vereinbahrt. Im September wurde der Akku getauscht und ein weiterer Akku zog ins Boot ein. Somit haben wir nun 15 kWh Kapazität für unseren Antrieb. Was hier drei Zeilen sind war natürlich ein größerer Akt, denn die neuen Akkus brauchten ein größeres Fundament und alle Kabel mussten neu gemacht werden. Zusätzlich haben wir die Hauptschalter gegen größere Leistungsstärkere getauscht und einen Smartshunt zur Überwachung der Kapazität verbaut. Außerdem wurden alle Laderegler geupdated und perfekt aufeinander eingestellt. Auch unsere 3 Solarpanels für die Reling konnten endlich installiert werden. Beim Test des neues Systems hatten wir dann ein neues Problem: Das Unterwasserschiff war komplett zugewuchert von Muscheln und Algen, was die Fahrtgeschwindigkeit quasi halbierte.

Wie konnte das trotz unseres kupferbeschichteten Rumpfes passieren, fragt ihr euch? Ganz einfach, wir hatten das Boot 8 Wochen lang nicht aus dem Hafen bewegt. Der aufmerksame Leser weiß, das muss an dieser Klabauterfrau liegen, die sich in unser Leben geschlichen hat. Im August wurde unsere Tochter geboren und deshalb sämtliche Bootsthemen in den Wochen darum hinten angestellt. Ich hatte meinen kompletten Urlaub auf die Zeit nach der Geburt gelegt aber Urlaub im eigentlichen Sinne habe ich nicht gemacht und auch zu Bootsprojekten kam ich verständlicherweise nicht. Dafür haben wir die Zeit zu dritt und auch mit vielen Verwandten, die zu Besuch kamen, sehr genossen.

Der durchwachsene Sommer zeigte uns was an Bord noch fehlte, und zwar eine Sprayhood und eine Kuchenbude. Nach reiflicher Überlegung vergaben wir diese Aufgaben an unseren erfahrenen Segelmacher und bestellten auch noch das neue Großsegel. Zeit und Nerven werden knapper mit Kind, daher ist das sicherlich gut investiertes Geld. Ab Ende September konnten wir bereits unter der Sprayhood sitzen, die Kuchebude wurde dann erst im Winterlager fertig. Achja, kaum hatte die Segelsaison angefangen, mussten wir uns auch schon wieder um den Winter kümmern. Wir wollten das Boot gern im Wasser in einem möglichst sicheren Hafen lassen. Dabei fiel unsere Wahl auf die Sonwik Marina in Flensburg. In dem ehemaligen Marinehafen sollte das Boot sicher durch den Winter am Schwimmsteg liegen.

Bis zur Überführung in den Winterhafen konnten wir trotzdem immerwieder Zeit an Bord verbringen und kleinere Projekte erledigen. Unter anderem testen wir auch unser neues Beiboot von Seatec mit Elektroaußenborder von E-Propulsion. Natürlich kommt man mit 500 W nicht ins Gleiten aber 4 kn lautlos und ohne Mühe zu fahren wird es uns beim Ankern erheblich einfacher machen an Land und wieder an Bord zu kommen. So sind auch längere Aufenthalte vor Anker gut möglich. Außerdem konnte ich aus alten Teakholzteilen ein Gewürzregal mit Halter für eine Küchenrolle und Topflappen basteln.

Als die Tage dann kürzer wurden stand nun die Überführung an. Für die erste größere Fahrt mit Baby wollten wir ein möglichst ruhiges Wetterfenster nutzen und unser Segelmacher bot an mitzusegeln. Bei wenig Wind wollten wir unseren Spinnaker (ein Leichtwindsegel) testen.
Natürlich hatte ich meinen Urlaub bereits komplett aufgebraucht, sodass nur Wochenenden für den Törn von Lindaunis nach Flensburg in Frage kamen. Wir legten uns also auf ein Datum fest und fuhren an einem Donnerstagabend nach der Arbeit zunächst von Lindaunis nach Kappeln. Zunächst unter Segel mussten wir zum Schluss der Etappe Vollgas fahren um noch rechtzeitig durch die Brücke zu kommen. Schnell waren wir allerdings nicht, denn so gut hatte ich das Unterwasserschiff im Oktober tauchenderweise nicht mehr frei kratzen können. Netterweise hat der Brückenwärter uns noch durchgelassen und wir legten wie die Profis in Kappeln an. Am nächsten Morgen stellten wir ernüchtert fest, dass man keine 30 m weit sehen konnte. Trotzdem legten wir mit Ziel Maasholm ab, wo unser Segelmacher zusteigen würde. Ausgerüstet mit Plotter, AIS und Radarreflektor tuckerten wir mit 3 kn Schleiabwärts. In Maasholm, glücklich die Hafeneinfahrt gefunden zu haben, legten wir im Fischereihafen längsseits an und hofften, dass sich der Nebel etwas lichtet. Aber nach 2h wagten wir es einfach, da sonst die Zeit knapp werden würde für die Etappe nach Flensburg. Nachdem wir dann 5h durch den Nebel dem Ziel nur langsam näher kamen und der angesagte Wind ausblieb, beschlossen wir nicht nach Flensburg, sondern nur nach Gelting Mole zu fahren. Auf den letzten Metern kam dann doch noch Wind, sodass wir zumindest kurz segeln konnten. Trotzdem, für unseren Antrieb war das der Härtetest. In Gelting Mole angekommen, hatten wir noch 40% Kapazität aber wie weit wären wir damit wohl noch gekommen? Wir steckten den Heizlüfter ein und heizten das Boot für 5h ordentlich auf. Erst dann erreichte der Akku eine verbleibende Kapazität von 17% und fing an zu piepen „low voltage“. Nun wissen wir also, dass man wohl bis 15% ohne Probleme noch fahren kann. Über Nacht luden wir die Akkus wieder auf und starteten bei Sonnenaufgang von Gelting nach Flensburg, allerdings ohne unseren Segelmacher. Der Nebel war inzwischen verschwunden und eine leichte Brise ließ uns die Segel setzen. Bei teilweise herrlichem Sonnenschein rauschten wir mit 3-4 kn unserem Ziel entgegen. Auf Höhe von Glücksburg schlief der Wind dann wieder ein, sodass wir das letzte Stück motorten und gegen Nachmittag in Sonwik einliefen. Der für uns reservierte Platz war allerdings blockiert, alle Schilder auf rot und niemand war zu erreichen. Für Anfänger eine nervige Situation, wir suchten uns also einen netten Platz aus und hofften, dass wir niemandes Platz wegnahmen. Der erste Anleger in einem Hafen mit Fingerstegen klappte gut. Das Boot verholten wir eine Woche später auf unseren Platz für den Winter. Was wir im Winterlager noch so gemacht haben erzählen wir euch im nächsten Blogpost.

Apropos Winter: Nachdem wir vorletztes Jahr ein Seenotüberlebenstraining gemacht hatten, haben wir im Januar 2024 als weitere Vorbereitung auf eine Auszeit unter Segeln einen Medizinkurs speziell für Segler besucht. Das Hauptaugenmerk liegt hier in der Entscheidung was ein Notfall (Mayday) ist und was ggf. wie mit Bordmitteln behandelt werden kann. Außerdem ist die Zeit bis zum Eintreffen eines Notarztes auf See oft deutlich länger als es in Deutschland auf dem Festland der Fall ist. Aus diesem Grund wurden auch viele Praktische Übungen (Diagnostik, Zugang legen, Wunde nähen/klammern, etc.) gemacht und eine spezielle Liste an Medikamenten zusammengestellt. Egal in welchem Fahrtgebiet man sich bewegt, kann so ein Kurs nicht schaden und wir haben viel neues gelernt. Mit diesem Wissen haben wir uns auch eine Notfalltasche für unser Boot zusammengestellt. Selbst wenn wir Teile der Ausrüstung selbst nicht benutzen können (z.B. Tubus), so könnte ein Arzt auf unsere Ausrüstung zurückgreifen.

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