2024-05-04 Blogpost #016 Felix

Neuer Antrieb

Wir haben unseren Dieselmotor rausgeschmissen und gegen einen neuen Elektromotor getauscht. Hier erzählen wir euch wie der Einbau ablief und was es zu beachten gibt. Außerdem soll es um unseren Hauptantrieb die Besegelung gehen und welche Veränderungen am Rigg geplant sind.

Immer wenn wir erzählen, dass wir unseren Dieselmotor ausgebaut und gegen einen Elektromotor getauscht haben schlagen die Leute die Hände über dem Kopf zusammen. Und tatsächlich ist unser Boot eines der Ersten klassischen Segelboote das umgerüstet wurde. Die Gründe haben wir in unserem Blogpost #010 bereits ausführlich beschrieben. So wie wir unser Boot neuaufbauen und neuausstatten hoffen wir dass das Boot mind. nochmal 40 Jahre alt wird und eigentlich sollte man meinen das insbesondere Segler das Thema Klimawandel mitbekommen haben.  Ich würde stark davon ausgehen, dass in einigen Jahren Elektromotoren bei Booten der Standard sein werden und auch die Infrastruktur wird sich wandeln. Neben all den Vorteilen die wir bereits genannt haben, werden wir zukünftig auch keine Probleme mit schon jetzt teueren Dieselmotorersatzteilen und steigenden Spritkosten haben.
…und generell gibt es einfach viel zu viele Leute die sagen das irgendwas nicht geht, ich möchte eher zu den Leuten gehören die sagen „ich mach das“ oder „finden wir eine Lösung“ oder „das wird schon klappen“, wer es nicht probiert ist eh schon gescheitert und Aufgeben ist für mich auch keine Option.

Nachdem der neue Saildrive bereits eingebaut ist und die restliche Elektrik ein anderes Kapitel ist, ist der Einbau wirklich keine große Sache mehr. Tatsächlcih ist die größte Herausforderung einen guten Platz für die neue Einhebelschaltung zu finden und das riesige Loch im Cockpit, indem die alten Motorinstrumente installiert waren. Wir entschließen uns den neuen Hebel in dem großen Loch versenkt zu installieren und das (kleinere) Loch des alten Schalthebels zu verschließen. Da wir alle essentiellen Informationen zum Antrieb per Bluetooth auf all unseren Handys und Tablets etc. sehen können, haben wir auf eine extra Anzeige zum Motor verzichtet. Die Geschwindigkeit zeigt uns die Logge oder das GPS, die Drehzahl ist einem Elektromotor im Grunde egal, die Motorsteuerung überwacht alles und würde Fehler mit zwei LEDs anzeigen und den „Verbrauch“ und die Leistung teilt uns das BMS der Antriebsakkus mit. Das versenken der neuen Einhebelschaltung reduziert künftig eine Stolperfalle bzw. hilft auch, dass sich keine Leinen an der Schaltung verfangen und im schlimmsten Fall das Gas bei einem Manöver verstellen. Um das Loch zu schließen und eine Versenkung zu bekommen probieren wir etwas neues. eine alte Ikea Auflaufform aus Metal passt zufällig relativ gut in das entstandene Loch und wir kurzer Hand als Form für eine eingepasste Schale aus GFK verwendet. Dazu wird die Form mit Ductape eingewickelt (daran haftet Epoxy nicht) und der Flansch der Backform wird ausgeglichen, d.h. die Flanken der neuen Form verjüngen sich nach innen. Das is wichtig damit später kein Wasser in der leicht schräg eingesetzten neuen Form stehen bleiben kann. Nun wird ein großes Stückabreisgewebe auf die Form gelegt und mit einigen getränkten Streifen Glasfasermatte seitlich belegt. In der Mitte wird die Form durch eine Dünne Holzeinlage als Kern verstärkt, damit sie spätere Schaltung mit Schrauben gut fixiert werden kann. Im Endeffekt hat die neue Form eine Wandstärke von etwa 4-5 mm bzw. 11 mm in der Mitte. Die Seitenausläufer werden so getrimmt, dass ein neuer Flansch entsteht, der zum Schluss an das Schiff geklebt wird. Das innere der Form wird gut gespachtelt und geschliffen um eine möglichst ansähnliche Form zu bekommen. Das verkleben der Form mit angedicktem Epoxy im Schiff war schnell erledigt, lackiert wird das ganze aber in einem Aufwasch mit dem restlichen Cockpit, daher gibt es auch noch kein Foto wie das ganze fertig aussieht.

Durch den Umbau des Motorraums haben wir absolut freie Platzwahl um die Motorsteuerung (im Bild unten links) einzubauen. Die Steuerung und der Motor sind bereits vorverkabelt und müssen im eingebauten Zustand nur noch über die Schraubterminals verbunden werden. Im Foto unten sieht man, dass ich einige Teile der Elektrik bereits zuvor eingebaut habe. Insbesonder die zwei schweren Antriebsakkus muss man nicht auch noch über den Motor wuchten. Der Motor selbst wird einfach auf den Saildrive gesetzt und mit 4 Bolzen verbunden. Die Kupplung zwischen Motor und Saildrive ist trocken und die Installations daher einfach wie Lego. Der Motor selbst ist zudem Luftgekühlt sodass kein Seeventil benötigt wird. Im Norden benötigen wir auch aufgrund des geräumigen Elektrikraums keine gesonderte Belüftung, dennoch werden wir eine Luftzirkulation mit mehreren PC Lüftern installieren um auch im Süden keine Überhitzungsprobleme zu bekommen. Die Temperatur im Motorraum wird durch die verbaute Elektrik mit überwacht. Die Lüfter werden später automatisch über ein Thermostat gesteuert.
Während der Test im Wasser noch aussteht wollten wir das System natürlich schonmal am Land in Betrieb nehmen. Softwareseitig ist alles vorkonfiguriert, sodass wir lediglich den Schalthebel anstecken mussten, den Hauptschalter anschalten und… es tat sich nix. Jassy stand am Schalthebel, volle Kraft voraus, aber nix passierte während ich mich am Kopf kratze und mich fragte was da los ist. (Das muss man sich bildlich vorstellen nachdem wir zuvor auch soviel Arbeit in die Elektrik gesteckt haben.)
Die Lösung war einfach, der Motor wird auch für kleinere Motorboote vertrieben und hat daher einen Notstop, also ein rote Leine die man ans Handgelenk macht und den Motor stoppt, falls man über Bord geht. Das macht bei unserem Boot natürlich überhaupt keinen Sinn, aber den entsprechenden Kontakt muss man überbrücken. Als das erledigt war lief alles wie erwartet. Die dosierung mit der neuen Schaltung funktioniert hervorragend und gibt ein gutes Gefühl. An Land ist der Motor bei Vollgas deutlich zu hören, aber man könnte sich noch flüsternd unterhalten. Zumindest werden wir die morgendliche Ruhe im Ankerfeld oder Hafen nicht stören.

Und das war es eigentlich schon im Grunde ist die größte Schwierigkeit den ganzen alten Dieselmist auszubauen. Wer nur vor hat den Antrieb zu tauschen kann das quasi Plug&Play mäßig an einem Tag umsetzen, da wir aber auch die komplette Elektrik erneuert haben und das ganze restliche Schiff auch, haben wir am Motorraum, jetzt Elektrikraum zumindest ähnliche Maßstäbe gesetzt wie im restlichen Schiff. Wer sich für die Elektrik interessiert muss sich noch etwas gedulden, vorher sind noch sooo viele andere Dinge passiert, dass die Posts dazu wohl erst kurz vor Weihnachten kommen werden, ab da kann man sich schonmal drauf freuen.

Nachdem zu unserem Hilfsantrieb nun alles gesagt ist noch ein Exkurs zu unserem Hauptantrieb, den Segeln. Fangen wir beim Rigg an. Das Boot hat einen Selden Mast mit einem Paar gepfeilten Salingen und hat eine 7/8 Takelung. Das Achterstag dient also nur zum Trimmen des Mastes, optional gibt es Backstagen, die wir zwar mitnehemn werden ab wohl nur in Ausnahmen setzen werden. Das stehende Gut, also Wanten und Stagen (was den Mast hält) ist aus Stahl und wurde noch nie in 40 Jahren getauscht. Normalerweise sagt man, dass das stehende Gut alle 15 Jahre getauscht werden sollte, und das ist auch die Bedingung für die meisten Versicherungen. Es stand also außer Frage das das gemacht werden muss. Zusätzlich hat unser Boot Stagreitersegel gehabt, da wir aber küftig „short-handed“ wie man sagt unterwegs sein werden, also auch Jassy oder ich allein die Manöver fahren, wollten wir eine Vorsegelrollanlage nachrüsten. Mit einer Rollanlage muss niemand zum Segelsetzen, bergen oder reffen auf das Vorschiff, was ein erheblicher Sicherheitsgewinn ist. Praktischerweise steht unser Boot bei einem Riggspezialisten und Selden und Furlex Stützpunkt an Land, sodass wir diese Aufgaben in gute Hände geben konnten. Die Profis haben dabei auch unseren Baum und Mast inspiziert und beidem einen guten Zustand attestiert. Lediglich die Salinge und den Lümmelbeschlag mussten wir erneuern lassen.
Neben dem stehenden Gut gibt es noch das sogenannte laufende Gut, was alle Leinen zum Setzen und Bergen der Segel umfasst. Zwar kann man diese Leinen auch selbst erneuern, wir haben das aus Zeitgründen aber ebenfalls an die Profis übergeben, die die Fallen auch entsprechend in den Mast einziehen. Sobald das Boot ins Wasser kommt haben wir also ein vollumfänglich erneuertes Rigg vom Profi und sollten damit erstmal eine Weile Ruhe haben und sind auf dem Stand der Technik insbesondere was Leinen angeht.
Fehlen noch die Segel. Vom Voreigner haben wir eine gute Segelausstattung erhalten, allerdings waren die Segel bereits in die Jahre gekommen bzw. ein Segel passte gar nicht zum Boot. Die alten Vorsegel verkauften wir auf Ebay, da diese mit Stagreitern nicht mit unserer neuen Vorsegelrollanalge funktionieren würden. Ein Segel behilten wir als Stoff für dieverse Nähprojekte und das alte Großsegel wollten wir zunächst auch weiterverwenden. Auch den Spinnaker, ein großes buntes Leichtwindsegel wollten wir behalten. Die beiden alten Segel die wir weiterverwenden wollten lassen wir vom Segelmacher überprüfen. Für die Erste Saison haben wir eine 135% Rollgenua Triradial geschnitten aus einem Crusing Laminat ohne UV Schutz, aber mit einer Vorsegelpersenning bestellt. Wenn das Segel hält was es verspricht, werden wir bevor wir auf Langfahrt gehen noch ein weiteres kleines Vorsegel (100%) und ein neues Großsegel in Auftrag geben. Die Segel haben wir uns zur Hochzeit gewünscht und sollen unser Antrieb auf unserer Langfahrt alias verspäteter Hochzeitsreise sein.

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