2024-06-01 Blogpost #018 Jassy

Wir nähen uns neue Polster

In diesem Blogpost dreht sich alles um das Thema Nähen. Wir haben uns entschlossen, alle Polster durch neue zu ersetzen und diese selber zu gestalten und zu fabrizieren. Zusätzlich wollten wir auch passende Kissen für den Salon nähen, damit alles stimmig aussieht. Wie wir dabei vorgegangen sind und welche Materialien wir verwendet haben, erfahrt ihr jetzt.

Vorab gleich mal der Hinweis, dass wir keine Nähprofis sind und uns Schritt für Schritt an das fertige Produkt herangetastet haben. Ganz dem DIY-Gedanken folgend, stand für uns aber fest, dass wir uns an den diversen Näharbeiten selbst versuchen wollten. Wir haben uns vorher einige Videos auf Youtube angeschaut und dann einfach mal drauf los probiert. Um für die ganzen Projekte bestmöglich gerüstet zu sein haben wir uns eine Sailrite Nähmaschine besorgt. Dies ist eine absolut robuste und sehr starke Nähmaschine, mit der man auch Dicke Stoffe, Segeltücher und Leder o.Ä. in mehreren Lagen nähen kann. Ein großer Vorteil ist auch, dass man über ein Handrad sehr präzise und ohne Strom nähen kann, falls das mal nötig sein sollte. Gott sei Dank können sich die Ergebnisse unserer Nähprojekte auf jeden Fall sehen lassen und wir sind super zufrieden und damit relativieren sich auch die Anschaffungskosten einer solchen Nähmaschine! Und wie bei allen DIY-Projekten, haben wir im Prozess viel neues gelernt und können, sollte mal etwas kaputt gehen alles einfach reparieren oder erneuern.

Ganz am Anfang hatten wir überlegt, ob wir die ursprünglichen Polster als Maß benutzen möchten. Dieser Gedanke wurde allerdings schnell verworfen, da uns die alten Polster zu klobig und unpraktisch hinsichtlich der Aufteilung waren. Von daher war der erste Schritt, mit Hilfe von festem Verpackungspapier Schablonen für die Schaumstoffe zu erstellen. Dazu haben wir das Papier auf den Salonbänken ausgelegt und mit einem Stift die passende Form aufgezeichnet. Genauso sind wir mit den Rückenlehnen verfahren. Eine besondere schwierigkeit waren dabei schräge Bereiche die sich nach oben verjüngen. In diesen Bereichen haben wir Die Schaumstoffhöhe durch einen Pappkarton simuliert und den Überhang vermessen und auf den Schablonen notiert. Die Schablone wurde dann ausgeschnitten und Zuhause auf den Schaumstoff gelegt und grob angezeichnet. Wichtig war dabei dass wir die Schablonen richtig herum angezeichnet haben da keines der Kissen symmetrisch oder ähnliches war.
Wir haben uns nach längerem Überlegen für zwei unterschiedliche Schaumstoffdicken und Härten für die Polster entschieden. Die Sitzpolster sind aus HR 40/40 Kaltschaumplatten und 8 cm dick. Die Rückenlehnen bestehen aus HR 35/30 Kaltschaumplatten und haben eine Dicke von 7 cm.
Es gibt diverse Tipps, wie sich Schaumstoff am besten zurecht schneiden lässt. Wir haben letztlich einfach ein Scharfes Messer ohne Sägezähne und ein Cuttermesser mit frischer Klinge verwendet, was gut funktioniert hat. Schwieriger war es, die richtige Passform für die Aussparungen an den Salonsitzbänken aufzutragen. Dadurch sind teilweise sehr seltsame Winkel entstanden, die auch für das Nähen des Bezugs später eine Herausforderung wurden. Nachdem alle Schaumstoffe zugeschnitten waren, haben wir diese noch mit einem 1,5 cm dicken Vliesstoff mithilfe von Sprühkleber beklebt. Das soll für mehr Sitzkomfort sorgen und gleich zusätzlich alle kleineren Schnittfehler aus. Zusätzlich haben wir den Vlies bei der Berechnung der Bezuggröße einfach ignoriert was dafür sorgen soll dass die Polster möglichst gespannt und prall gefüllt sind.

Die Stoffe für die Polster haben wir in Baden-Württemberg bei einem Stoffoutlet gekauft. Wir waren gerade auf Familienbesuch in der Nähe und wollten uns einfach mal inspirieren lassen. Nach ausgiebigem Stöbern fiel die erste Auswahl auf zwei verschiedene Stoffe: einen sandfarbenen und einen silberblauen gröberen Webstoff. Obwohl wir anfangs immer einen sandfarbenen Stoff im Kopf hatten, fiel die Wahl letztlich auf den silberblauen Stoff. Dieser ist wesentlich unempfindlicher bei Flecken und bringt eine schöne Frische ins Boot. Wir haben die gesamte Rolle mit 12 Laufmetern (die breite ist etwa 1,5 m ) gekauft. Da wir Sorge hatten, dass der Stoff nicht für das gesamte Projekt reicht, haben wir zusätzlich einen festen blauen Stoff (8 lfm.) im Angebot gekauft, den wir für die Unterseiten der Polster benutzen wollten. Von der Verkäuferin haben wir uns dann noch ein passendes Nähgarn (das stärkste was sie hatten) zeigen lassen. Als Reißverschluss haben wir uns für einen grauen Endlosreißverschluss entschieden. Den kann man auf die passende Länge kürzen und einen passenden Zipper einfügen. Leider war es quasi unmöglich alles aus Kunststoff zu beziehen, dahrer hoffen wir, dass auch die Metallverschlussteile lange halten und nicht korrodieren in der salzigen Seeluft.

Die Polsterbezüge werden demnach in Ober- und Unterseite aufgeteilt genäht. Das bedeutet,dass wir beide Stoffe entsprechend zuschneiden mussten. Der Reißverschluss sollte mittig auf der Unterseite angebracht werden. Das Maßnehmen für die Bezüge erforderte viel Kopfarbeit und wurde deshalb Felix überlassen, der sich damit wesentlich leichter tut als ich. Mit Stoffkreide wurde dann das passende Maß auf den Stoff übertragen und mittels Stoffschere ausgeschnitten. Mein Part war dann wiederum das Nähen. Damit die Stoffe nicht nach und nach auftrusseln, musste die Stoffkante erstmal drum herum im Zick-Zackstich versäubert werden. Als nächstes wurde der Reißverschluss eingenäht. Dazu legt man den Reißverschluss in der gewünschten Länge auf die linke Stoffseite, und zwar so, dass die Reißverschlusszähnchen nach unten gucken. Zuvor am besten den Zipper bereits einziehen und den Reißverschluss wieder zuziehen. Dann das Ganze mit Stecknadeln oder/und doppelseitigem Stoffklebeband auf dem Stoff fixieren. Anschließend mit der Nähmaschine und dem eingesetzten Reißverschlussfüßchen den Reißverschluss festnähen. Nun den Stoff umdrehen und mit der Stoffschere entlang der Reißverschlusszähnchen schneiden, sodass man nun von dieser Seite aus den Reißverschluss auf- und zuziehen kann. Entlang der Schneidekante wurde der Stoff dann wieder versäumt.
Im nächsten Schritt wurden Ober- und Unterseite auf links aneinandergeheftet. Wir haben dazu kleine Clips verwendet. Besonders kniffelig waren die Ecken und die oft schrägen Aussparungssegmente, an dieser Stelle schadet es nicht 4 Hände zum nähene zu haben. Danach kam wieder die Nähmaschine zu Einsatz und beide Teile wurden aneinandergenäht. Nun kam jedes Mal aufs Neue der spannende Moment: Werden die Bezüge auf das Polster passen und die nötige Spannung haben?
Felix, der die Schnitte gmeacht hat war sich hier seiner Sache immer schon relativ sicher, trotzdem war auch im jedes mal die Erleichterung und die Freude über das Ergebnis ins Gesicht geschrieben.

Um es so richtig gemütlich und bequem zu haben, haben wir uns noch jede Menge kleine Kissen in verschiedenen Größen und Formen genäht. Dazu haben wir die gewünschte Form aus einem festen weißen Lakenstoff, von welchem wir 3 m x 4 m online gekauft hatten ausgeschnitten und zur Stabilität eine Schicht Fleece darüber festgenäht. Dazu haben wir einach allle 10-15 cm eine Naht gemacht und das ganze nochmals überkreuz und an den Rändern. Im Anschluss wurde das Kissen gefaltet, sodass die Fleece-Seite das Innere des Kissens bildete, und an drei Enden zusammengenäht. Über die verbleibende Öffnung haben wir das Kissen  je nach Anforderung mit Watte oder/und kleingeschnittenen Schaumstoffstückchen gefüllt. Die Schaumstoffschnipsel haben wir übrigens aus den Resten der Polster hergestellt und in stundenlanger Fleißarbeit mit der Schere selbst geschnitten. Wenn es für uns prall genug war, wurde das Kissen mit einer finalen Naht geschlossen. Das Kissen sah zwar was die Nähte betrifft nicht unbedingt schön aus, aber das war nicht wichtig, schließlich kam noch ein Bezug darüber. Dieser bestand aus dem selben silberblauen Stoff wie die Polsterbezüge. Der Bezug wurde wieder auf Maß ausgeschnitten, auf links gedreht und einmal in der Mitte gefaltet. Die beiden Seitenränder wurden zusammengenäht und die verbleibende Schnittkante erhielt einen Reißverschluss. So kann der Bezug auch einmal gewaschen werden und wir sind flexibel sollten wir mal Bezug oder Kissen austauschen müssen. 

In Summe haben wir schließlich 12 Kissen, 5 Sitzpolster und 4 Lehnenpolster genäht. Unsere Stoffe und Schaumstoffe haben wir dabei nahezu komplett verarbeitet. An dieser Stelle schonmal ein Hinweis auf den kommenden Blogpost, in dem sich alles um das Thema Materialplanung drehen wird.
Obwohl wir im Blog noch längst nicht alles über unser Refit geschrieben haben sind wir in „Realtime“ bereits unmittelbar vor dem Abschluss des Refits und bereiten unser Boot für die erste kleine Tour (noch an Land) vor. In diesem Zuge kamen nun endlich auch alle Polster an Bord und wir haben sogleich festgestellt, dass wir seit langem nicht mehr so bequem irgendwo gechillt haben. In Gelting hatten wir statt einer richtigen Couch nur unsere alten Palettenmöbel mit inzwischen nicht mehr so bequemen Polstern und die gemieteten Ledermöbel in Kappeln sind auch nicht wirklich einladenen zum gemeinsam kuscheln o.Ä. gewesen. Lange Rede kurzer Sinn, wir sind überglücklich und freuen uns auf die kommende Zeit.

But wait, there is more!
Da wir alle ursprünglichen Polster entsorgt hatten, mussten wir uns für die Liegeflächen der Bug- und Heckkabine etwas Neues einfallen lassen. Das war auch gar nicht schlimm, denn die Erfahrung auf diversen Booten hat uns bereits gelehrt, dass die in Charter- oder Schulschiffen verwendeten Polster eher Platzhalter für richtige Matratzen sind und maximal eine Woche auszuhalten sind. Am liebsten wollten wir daher unsere eigenen Kaltschaummatratzen vom Emma One die wir auch Zuhause haben, verwenden. Für die Bugkabine nahmen wir als Grundstock eine Matratze mit den Maßen 1,40×2,00m die wir zuvor in Gelting im Gästebett verwendet haben und für die Heckkabine eine mit 1,00×2,00m die wir neu bestellten. Der große Vorteil dieser speziellen Matratzen ist, dass sie auch ohne Lattenrost also direkt auf dem Boden verwendet werden können. Damit die Matratzen nicht schimmeln gibt es eine Lüftungskanaläe nach außen und der Schaumstoff sowie der Bezug ist extra Pilzresistent. In Booten, in denen die Luftfeuchtigkeit naturgemäß schonmal etwas höher ist, ist das besonders wichtig.

Nachdem wie bei den Salonpolstern das richtige Maß auf eine Papierschablone übertragen worden war, mussten die Matratzen auf die richtige Form zurechtgeschnitten werden. Das Mittel der Wahl fiel hier wieder auf das Cuttermesser. Da die Matratzen ziemlich dick sind, musste in mehreren Durchgängen geschnitten werden. Das bedeutet, das nach dem ersten Schnitt wieder in den selben Schnitt angesetzt werden muss, um ein Stück tiefer zu gelangen. Nach drei bis vier Durchgängen war es dann geschafft. Das heißt fast denn zunächst haben wir die Form quaderförmig ausgeschnitten und die angeschrägten Kanten erst in einem zweiten Durchgang entsprechend angepasst. Das war zwar etwas mühsam, aber das Ergebnis war besser als erwartet.

Zu den Originalmatratzen gehört auch ein feiner Netzbezug damit man den Matratzen Bezug besser überziehen kann und Schaumstoff und Matratzenbezug sich nicht aneinander aufreiben. Gerne wollten wir diesen Bezug erhalten. Nach kurzem Überlegen entschieden wir uns ausnahmsweise mal für die einfache Variante. Wir zogen den Netzbezug auf Spannung über unsere zurechtgeschnittene Matratze und knoteten ihn am Fußende zu. Diese Methode erfüllte ihren Zweck allemal, zumal nun auch noch der originale Schonbezug darüber kommen sollte. Dieser Bezug ist quasi vergleichbar mit einem riesigen Kissenbezug mit einem an der Seite rundherum führenden Reißverschluss. Der Bezug besteht aus zwei unterschiedlichen Stoffen, einem weichen atmungsaktiven für die obere Seite und einem robusten Antirutschstoff für die untere Seite. Diesen Schonbezug galt es nun so zurechtzuschneiden und zusammenzunähen, dass die Matratze hineinpasst und gleichzeitig keine Falten aufgrund fehlender Spannung auf dem Bezug entstehen und Waschbar sollte der Bezug natürlich auch bleiben. Dies bereitete mir viel Kopfzerbrechen. Gemeinsam mit einer Freundin, die zu Besuch war, probierten wir ein paar Ideen aus, kamen aber auf keine gute Lösung, es ging einfach nicht. Eines Tages kam ich dann von der Arbeit nach Hause und Felix kniete im Wohnzimmer motiviert über Matratze und Bezug. Sein Problem war nicht das es nicht ging, ersuchte nur nach der einfachsten und elegantesten Lösung. Er hatte nun eine gute Idee, wie das Ganze möglichst unkompliziert umzusetzen sei. Ziel war es vor allem, den Reißverschluss nicht neu annähen zu müssen. Dazu musste an anderer Stelle überflüssiger Stoff herausgeschnitten und dann wieder beide Teile zusammengenäht werden. Wir probierten es aus, und ich kann sagen, es war eine ganz schöne Fummelarbeit. Umso aufregender war der Moment, als wir den ersten Bezug über die Matratze stülpten und den Reißverschluss schlossen. Bis auf eine Ecke, wo noch etwas Stoff dazugenäht werden musste, passte der Bezug perfekt auf die Matratze! Stolz blieben wir erst einmal eine Weile auf der Matratze liegen. Problem gelöst! Mit dem zweiten Schonbezug ging es dann schon etwas routinierter voran und auch hier konnte sich das Ergebnis sehen lassen. In diesem Projekt konnten wir beide unsere Stärken sehr gut nutzen uns haben uns wunderbar ergänzt.

Für die beiden Matratzen hatten wir auch noch jeweils zwei Spannbettlaken bestellt, die ebenfalls noch auf die neuen Formen zurechtgenäht werden sollten. Das gestaltete sich zu Glück verhältnismäßig einfach. Wir zogen die Spannbettlaken über die Matratzen und steckten auf der Unterseite mit Hilfe von Stecknadeln eine Nähkante fest. So wusste ich, wo ich mit den Nähmaschine entlang nähen musste und konnte im Anschluss den überschüssigen Stoff einfach abschneiden. Nun haben wir zwei super bequeme und passgenaue Matratzen für unsere Kojen mit je zwei passenden Spannbettlaken. Es war zwar viel Arbeit, aber es hat sich definitiv gelohnt. Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis und kann es kaum abwarten, bis wir das erste Mal darauf schlafen können 🙂

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