2023-12-30 Blogpost #007 Felix

Zu kalt zum Arbeiten

Tatsächlich ist man im Rahmen eines Bootsrefits im Freilager ständig damit konfrontiert, dass geplante Arbeiten aufgrund von Temperatur, Sonne, Regen oder Luftfeuchtigkeit nicht, oder in einem engen Zeitfenster durchgeführt werden können. Insbesondere Epoxy, Primer, Lack und Kleb-/Dichtstoffe sind diesbezüglich anspruchsvoll. Im Vorschiff reizen wir die Prozessfenster aus und arbeiten auch im zugegebenermaßen recht milden Winter weiter. In diesem Post zeigen wir euch, wo die Reise hinsichtlich Interior Design hingehen soll.

Um im Winter am Boot sinnvoll arbeiten zu können, brauchen wir eine Möglichkeit, dass Boot zumindest etwas zu heizen. Da der Innenraum nicht sonderlich groß ist, reicht dafür ein kleiner Keramikheizlüfter. Tatsächlich „verheizen“ wir während dem Refit den alten Heizlüfter des Voreigners, denn durch den ganzen entstehenden Staub wird er früher oder später wohl kaputt gehen.
Schon von der ersten Nacht im Schiff wissen wir, dass wir einige Dinge im Vorschiff verändern möchten. Dazu gehört neben zusätzlichen Staumöglichkeiten insbesondere der Durchgang zum Vorschiff bzw. das Einlegebrett. Auch optisch wollen wir einige Anpassungen vornehmen.
In einem ersten Schritt haben wir im Vorschiff zunächst alle Teakholztrimmteile und sonstige Verschraubungen demontiert. Kleinere Teile, wie die Lüfterverkleidung, sind fest verklebt und müssen daher (wenn wir sie retten wollen) abgeklebt werden. Noch andere Dinge, wie eine 40 Jahre alte Plastikfalttür, fliegen zunächst ersatzlos raus.
Bevor wir mit den „dreckigen“ Arbeiten starten, wollen wir den ungenutzten Platz im Kopfbereich in Stauraum umwandeln. Da das Bett mehr oder weniger dreieckig ist, haben wir im Kopfbereich über 1,60 m und an den Füßen nur 20 cm Breite. Leider können wir den Fußbereich nicht vergrößern. Am Kopf reichen uns aber definitiv auch 1,40 m Breite. In dieser Größe gibt es auch Standardmatratzen. So eine wollen wir später entsprechend zuschneiden, um auch auf dem Wasser den gleichen Komfort wie zuhause zu genießen.
Der neue Stauraum wird zunächst aus alten Pappkartons und Gewebeklebeband gebastelt. Der Ausschnitt wird so gewählt, dass die Öffnung später oberhalb der Matratze ist. In einem Youtubevideo würde ich schnipsen und aus Pappe wäre Holz geworden. In Wirklichkeit aber habe ich in mehreren Schritten mit Stichsäge, Japansäge und Holzfeile die Holzteile so lange angepasst, bis sie perfekt in die entstandene Lücke passten. Die Schränke werden mit Schrauben an Leisten befestigt, sodass diese auch wieder demontiert werden können.
Bevor wir die beiden Schrankteile lackieren, verziert Jassy die Seiten mit kleinen Segelbooten, wodurch eine gute Belüftung des Schrankes gegeben ist, selbst wenn wir die Fronten später zu machen. Das Lackieren erledigen wir zuhause in unserem neu geschaffenen Lackier- alias Gästezimmer. Für das Interieur werden wir im ganzen Schiff ein 1-K Lacksystem von Epifanes einsetzen. Über das Lackieren werden wir später einen gesonderten Blogeintrag verfassen aber im Grunde sieht der Aufbau wie folgt aus: 2 Schichten Multi-Marine-Primer, schleifen, 3 Schichten Monourethane (weiß).

Das Lackieren ist im Grunde nur die Spitze des Eisbergs, denn die meiste Zeit frisst die Vorbereitung im Vorfeld. An den Seitenwänden müssen zunächst alle Löcher gespachtelt und generell eine Ebene saubere Fläche geschaffen werden. Da wir zwischen Salon und Vorschiff an der Decke einen fließenden Übergang haben, der nicht abgehangen ist, wollen wir in beiden Bereichen die gleiche Deckenstruktur haben. Das bedeutet, dass die Gelcoatschicht mit Lederoptik, die nach knapp 40 Jahren auch sehr vergilbt ist, abgeschliffen werden muss. Denn im Salonbereich muss die Decke ja neu laminiert werden. Zum Schleifen nutzen wir ein Exzenterschleifer mit 150 mm Schleifteller, Absaugung und Schleifnetze. So ist zwar sichergestellt, dass wir die Form des Decks innen erhalten, allerdings kommt man auch nur sehr langsam voran, denn Gelcoat ist unglaublich hart zu schleifen. Auch das Arbeiten über Kopf ist enorm Kräfte zehrend, aber immerhin funktioniert die Absaugung gut. Trotzdem schützen wir uns vor den giftigen Stäuben mit entsprechenden Schutzanzügen, Schutzbrillen, Halbmasken, Ohrenschutz und Handschuhen. 
Neben dem Deck wird auch die Bilge unter den Vorschiffskojen geschliffen. Diesen Bereich wollen wir hauptsächlich zur Übung mit Epoxy und Glasfasermatten von innen verstärken. Nachdem die Bilgenfarben und der Gelcoat an der Decke weitestgehend entfernt ist, wird mit angedicktem Epoxy gespachtelt, um alle Unebenheiten aufzufüllen. Im Anschluss müssen die gespachtelten Bereiche natürlich abermals geschliffen werden, was zwar etwas leichter geht, aber trotzdem so anstrengend ist, dass man in der Schutzmontur schwimmt.

Im Unterwasserbereich des Bugs laminieren wir zwei Lagen 450 g/m³ biaxial Glasgelege und verstärken die Winkellaminate der Einbauten. Zunächst haben wir die Flächen geschliffen, gespachtelt, geschliffen, mit Aceton gereinigt und mit Epoxy eingepinselt. Auf das noch nasse Epoxy werden die Glasfasermatten gelegt und gut mit Epoxy getränkt, ehe eine zweite Lage aufgebracht wird, die ebenfalls getränkt wird. Zum Abschluss wird eine Lage Abreißgewebe angebracht. Das Abreißgewebe sorgt für eine gleichmäßige Oberfläche nach dem Abziehen und entfernt die bei der Härtung auftretende Wachsschicht auf dem Epoxy und reduziert die Nachbearbeitung vor dem Lackieren erheblich.
Um den Durchgang zum Vorschiff zu verschließen, sägten wir ein 15 mm starkes Sperrholzbrett entsprechend zu und beschichteten es mit zwei Schichten Epoxy, um es vor eindringendem Wasser zu schützen. Anschließend klebten wir es mit angedicktem Epoxy an die Innenschale. Die Kanten wurden ebenfalls mit angedicktem Epoxy gespachtelt und Hohlkehlen geformt. So entstand ein „weicher“ Übergang bzw. eine Rundung, an die sich die nun angebrachten Streifen Glasfaser gut anschmiegten ohne zu knicken oder Luft einzuschließen.
Der komplette Bereich vor dem Schott zum Vorschiff ist bis auf einen unförmigen Schlitz zum Rest des Schiffes (zumindest bis 20 cm oberhalb der Wasserlinie) getrennt. Um bei einem Wassereinbruch mehr Zeit zu haben, formten wir ein kleines Abflussrohr so mit der Heißluftpistole um, dass es in den Schlitz passte und verschlossen danach die Seiten. Das Abflussrohr hat zwei Deckel, einen mit 5 mm Loch der standardmäßig auf dem Rohr sitzt und einen ohne Loch, der als Propfen im Falle eines Wassereinbruchs dienen kann. Die Gewissheit, den Rumpf in der Bugsektion verstärkt und Vorkehrungen getroffen zu haben, um mit einem möglichen Wassereinbruch umzugehen, sind zumindest mental sehr erleichternd. 

Nachdem alle zu lackierenden Bereiche vorbereitet sind, wird zunächst gründlich gesaugt und alle Oberflächen werden mit Aceton abgewischt. Dann konnte eine erste Schicht Primer auf alle Flächen aufgebracht werden. Aufgrund der niedrigen Temperaturen wurde die zweite Schicht Primer erst 5 Tage später gestrichen und nach dem Härten nochmals mit 240er Schleifgittern angeschliffen. Der Staub musste wieder gründlich entfernt werden, allerdings diesmal ohne Aceton, da dieses Farben anlösen kann. Stattdessen nutzten wir sogenannte Honigtücher, also klebrige Tücher die Staub aufnehmen und keine Rückstände auf den zu lackierenden Flächen hinterlassen. Die Fächer im Unterwasserbereich erhielten nun 2 Schichten Bilgenlack in weiß, alle sichtbaren Flächen oberhalb wurden mit Monourethane lackiert. Zwischen den Schichten mussten wir warten, bis alle Bereiche gut durchgetrocknet waren und wischten vor der nächsten Schicht alles mit Honigtüchern ab, um Staubeinschlüsse zu reduzieren.
Die Holztrimmteile hatten wir bereits zuhause von Hand geschliffen und mit Teaköl geölt. Teak an sich ist sehr beständiges Holz und wir finden es schön, wenn das Holz zumindest etwas atmen kann. Auch die Haptik einer geölten Oberfläche ist aus unserer Sicht deutlich ansprechender als einer lackierten Oberfläche. Wir gehen davon aus, unsere Holzteile einmal jährlich ölen zu müssen. Aber das Ergebnis und die Arbeit ist um ein Vielfaches besser als beim Lackieren.

Das gelungene Zwischenergebnis des Vorschiffs motiviert uns, nun auch die weiteren Bereiche des Schiffs zu überarbeiten. Ganz fertig wird es natürlich erst unmittelbar vor der Gesamtfertigstellung des Innenschiffs. Im nächsten Beitrag kümmern wir uns um die Löcher im Schiff und arbeiten uns unter Deck weiter von vorn nach hinten.

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